Donnerstag, 22. November 2007

Die Front steht - Kaffeefahrt und Atomkrieg

Die Front steht an diesem 19. / 20. November des Jahres 2007 von Berliner Zeitung bis FAZ. Selbst 3Sat war sich nicht zu fein, von Ostrentern auf Kaffeefahrt und Betonköpfen der Stasi in Dänemark zu berichten.

Was erfuhr der gemeine Zeitungsleser außerdem so von dieser Konferenz "Hauptverwaltung A. Geschichte – Aufgaben – Einsichten", außer einem medial ungeschickten Stauffenberg - Vergleich?

Da zitierte die Berliner Zeitung vom 19.11. den "Militärhistoriker Armin Wagner": "Aber es ergibt schon einen ethischen Unterschied, ob ich für eine liberale freiheitliche Ordnung arbeite oder für ein diktatorisches Regime." Es wird mir richtig warm ums Herz. Solche Sprüche hatte unser Politischer auch immer drauf: "Aber es ergibt schon einen ethischen Unterschied, ob ich für eine sozialistische Ordnung arbeite oder für ein kapitalistisches Regime." Aber das konnte der Oberstleutnant im Generalstab der Bundeswehr nicht wissen.

Da schafft es die Konferenz unter dem Stichwort "Butterfahrt" nicht nur auf die erste Seite des Feuilleton des FAZ, sondern es werden auch Visionen gepflegt: "Das jüngste Gericht, das in Odense ausblieb, wird die Historikerzunft nachholen. Sie wird schwarz auf weiß beweisen können, dass auch der Propagandaerfolg der Stasi-Rentner in Dänemark nichts weiter war als ein Pyrrhussieg, ein lächerliches und enthüllendes Stelldichein der Gespenster." Oooohhh, da fiel mir doch gleich exGeheimdienstmann und exBundesminister der Justiz, Klaus Kinkel, ein. Der mit seinem dankenswerten und berühmten Satz zur "deutschen Justiz" und dem "SED - Regime" unsterblich geworden ist. Und da die "deutsche Justiz" kläglich gescheitert ist, muß jetzt die "Historikerzunft" an die Front. Erfolglosigkeit ist bitter.

Wie schrieb Herr Diestel schon vor Jahren so schön: #Fest steht, daß zwischen den in den Medien behaupteten Verbrechen des MfS und den tatsächlich durch die Justiz nachgewiesenen Verbrechen eine Differenz klafft wie zwischen Schwarz und Weiß ... Mit der juristischen Aufarbeitung wurde der Beweis angetreten, daß dieser Geheimdienst MfS sich in der Regel keiner kriminellen Methoden bedient hat ... Eins ist klar: Hier werden alte Rechnungen beglichen, hier rächt man sich an dem Geheimdienst, der jahrzehntelang ganz, ganz weit vorne gelegen hat ... das Strafrecht hatte natürlich seine Aufgabe erfüllt, die anderen Rechtsgebiete auch die ihnen angemessene. Die bestand darin, die ostdeutsche Intelligenz zu paralysieren ... die Ostdeutschen kopflos zu machen und sie damit unter den euen Verhältnissen ohne Leitung, ohne inneren Ansprechpartner zu lassen. Sehen Sie sich die Ministerien an, die Justiz, die Medien etc.: Es gibt nicht einen einzigen ostdeutschen Staatssekretär im Westen, es gibt ostdeutsche Professoren dort nur in wissenschaftlichen Randbereichen ....#

Nach meiner Meinung hätte daher die FAZ gleich schreiben sollen: »Sie, meine Damen und Herren, haben als Historiker und Archivare bei dem, was noch auf uns zukommt, eine ganz besondere Aufgabe ... einen wesentlichen Teil müssen Sie leisten, alternativlos. Ich baue auf die deutschen Historiker. Es muß gelingen, das SED-Regime zu delegitimieren.« Wäre ehrlicher gewesen. ;-))

Und was gab es nun wirklich? Einen kleinen Einblick gibt uns die "junge welt": So sprach auch Rainer Rupp ("Topas") über die "Operation Ryan" und das NATO-Manöver "Able Archer" und wie die Welt kurz vor einen Abgrund stand. Ich denke mal, allein dieser Bericht wäre eine Erwähnung in Berliner Zeitung, FAZ und 3Sat wert gewesen.

EDIT (26.11.2007)
Die Konferenz hat auch für einige ein Nachspiel. So hat die "Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft" Anzeige gegen einen Mitarbeiter des MfS wegen einer Äußerung von ihm erstattet. Einem Mitarbeiter der Birthler-Behörde drohen berufliche Konsequenzen. Die Konferenz ist nach Einschätzung des Organisators, Herrn Friis - Zentrum für Studien des Kalten Krieges, in einer nunmehr veröffentlichten Stellungnahme nicht gescheitert, denn Ziel war es: »Entweder würden die Ehemaligen beweisen, dass sie zur Aufarbeitung der Geschichte fähig und willens sind, oder sie würden ... ihre unveränderte Geisteshaltung noch fast 20 Jahre nach dem Untergang der SED-Diktatur entlarven.«Das Herr Friis hier die Jahre - sicher ist sicher - etwas aufgerundet hat, geschenkt, aber es ist glasklar herausgekommen: ENTLARVT.

Gut, bitte mehr solche Enlarvungen und das auch gleich noch zum selber nachlesen! Liebe "Berliner Zeitung", FAZ, Universitäten & Co., überlaßt das Feld nicht den Stasi-Leuten! Bedroht Wissenschaftler und Referenten nicht mit sozialem Absturz und Strafanzeigen, sichert die Meinungsfreiheit und die Freiheit von Forschung und Lehre. Geht in die Offensive, gebt den "alten Männern" noch mehr und öffentlicher Gelegenheit im INLAND sich selbst dergestalt zu entlarven!

Hier zwei 3Sat-Beiträge mit Kommentar, erinnert mich in der Diktion ein wenig an Gerhard Löwenthal: YouTube .... und ein Audio-Beitrag des Deutschlandfunks ....

2 Kommentare:

  1. Danke für den Beitrag! Es gibt wenig >objektive Geschichtsaufarbeitung<. Den Genossen Kundschaftern Dank und Anerkennung für ihre Arbeit im Kalten Krieg und ihrem Beitrag, einen "heißen" verhindert zu haben. Leider wird DAS heute nicht oder kaum mehr so betrachtet

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