Spätestens seit mir die
Überflüge von NVA - Flugzeugen über West - Berlin bekannt sind, beschäftige ich mich etwas mit dieser Frage. Inzwischen habe ich auch mitbekommen, daß nicht nur die sowjetischen Militärflüge, sondern auch die NVA - Piloten wie selbstverständlich - unter Beachtung der Alliierten Flugregime - ebenfalls über Westberliner Territorium flogen. Der Westberliner Senat und erst Recht die Bundesrepublik hatten keine Hoheitsrechte im Luftraum von Westberlin.
Am 30. November 1945 wurde zwischen den Siegermächten in Deutschland das Luftkorridorabkommen geschlossen (mit Ergänzungen an 18. Dezember). Hier wurde drei Luftkorridore (Berlin – Hamburg, Berlin – Bückeburg und Berlin – Frankfurt am Main) sowie eine Kontrollzone "Berlin" eingerichtet, die sich über ganz Groß-Berlin erstreckte und für die die selben Regelungen wie für die Korridore galt. In diesem Luftraum waren für die Alliierten (USA, GB, FR, SU) alle Flüge anmeldefrei und keinen Einschränkungen unterlegen. Die alliierten Flüge im Luftraum über Berlin klappten pragmatisch und grundsätzlich störungsfrei. So führte auch der sowjetische An- / Abflug in Richtung ihres Flugplatzes Werneuchen mitten durch die zivilen Anflugwege nach Westberlin. Das war mit den Westmächten koordiniert. Die fliegerischen Aktivitäten der Westalliierten in Berlin sollten eigentlich deren "Versorgung" dienten. Deswegen gab es zwar allerlei Transportflüge, Beobachtungs- und Aufklärungsflüge, sogar Ausbildung, Training, VIP und Wartung, aber keine echten Kampfflugzeuge.
Im Laufe der Zeit hatten die verschiedenen Betroffenen / Beteiligten verschiedene Positionen entwickelt. Meine Erkenntnisse dazu in Kurzfassung:
1. Groß-Berlin
Berlin wurde, als preußische und Reichshauptstadt, 1911 zum Zweckverband "Groß-Berlin" und mit preußischem Gesetz vom 27.04.1920 durch Eingemeindungen zu Groß-Berlin. 1936 wurde Berlin durch das Hitler - Regime zum"Reichsgau" und damit seine Position einem Land erstmals ähnlich. Die Alliierten sprachen auch von "Greater Berlin".
2. Besatzungszone
Das gesamte Gebiet Berlins wurde 1945 von sowjetischen Truppen befreit und besetzt sowie eine gemeinsame Verwaltung der Alliierten in Form von Verwaltungs- "Sektoren" (und nicht "Zonen"!) geschaffen. Daraus leitete die USSR ab, Groß - Berlin gehöre zur sowjetischen Besatzungszone und versuchte daher u.a. die Einführung der DM 1948 für Westberlin (und damit auch die faktische Spaltung der Stadt) zu verhindern. Aber auch der Standpunkt der Westalliierten: Hier sind wir (mit unseren Streitkräften) und machen was wir wollen (wenn es schon keine Einigung gibt) ist verständlich. Bemäntelt wurde die Sicht der West - Alliierten mit der Floskel von der "Verantwortung für Berlin als Ganzes". Zu Sicherstellung ihrer Versorgung gab es die drei Luftkorridore sowie den Luftraum Groß-Berlin mit besonderen Rechten.
3. Spaltung Berlins und Deutschlands 1948
Die unterschiedlichen Rechtspositionen zum Berlin Status resultieren aus dem Jahr 1948. Nachdem die USSR am 16.06.1948 aus der gemeinsamen Kommandantur ausgeschieden war [21./24.06.1948 separate Einführung der DM im Westteil Deutschlands], erklärten die Westmächte am 12.12.1948 "die Funktion der Alliierten Kommandantur aus(zu)üben, obwohl klar ist, daß es ihnen auf Grund der sowjetischen Obstruktion zur Zeit nur möglich sein wird, ihre Entscheidungen in den westlichen Sektoren durchzuführen."
4. Zweite Berlin - Krise
Pragmatisch war das Vorgehen der UdSSR, weil sie ihre Privilegien in Westberlin und Westdeutschland nicht verlieren wollte. Daher wurden die "Unabhängigkeitsbestrebungen" der DDR von 1958 auch wieder gestoppt. Die sog. 2. Berlin-Krise von 1958 - 1963, in deren Zeit auch der sog. "Mauerbau" fiel, begann weil die Sowjetunion eigentlich einen Friedensvertrag mit Deutschland haben wollte. "Ich bin gezwungenermaßen in Eile. Die deutschen Grenzen müssen festgeschrieben sein, bevor Hitlers Generäle Atomwaffen bekommen", so Chruschtschow nach Walter Lippmann.
Der Haken daran: "Deutschland" war faktisch nicht mehr existent, damit wären gemeinsame und gleichberechtigte Verhandlungen mit der BRD und der DDR notwendig gewesen. Nun hatten die Westmächte im Vorfeld der EVG (1952) bzw. Pariser Verträge (1955) den Alleinvertretungsanspruch der BRD anerkannt. Damit akzeptierten die Westmächte keine DDR am Verhandlungstisch. Es gab dennoch einzelne Gespräche an denen die Vertreter beider deutscher Staaten gleichberechtigt am "Katzentisch" saßen, allerdings wurden die DDR-Vertreter von den Westmächten vollständig ignoriert. Das mit der "Freien Stadt" etc. war nur eine in Folge diskutierte Möglichkeit von vielen, allerdings durch die Studentenunruhen 10 Jahre wieder von diesen aufgegriffen und daher populär. Bis heute haben wir daher keinen Friedensvertrag, der 2+4-Vertrag "gilt" nur als solcher .... Der Buchtip zum Thema: Der Mauerbau. Die Westmächte und Adenauer in der Berlinkrise 1958 - 1963
5. Deutsche Auffassungen
a)
BRD - Bonner-Grundgesetz Art. 23 "Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder ... Groß-Berlin ....". Wann und wie das Land "Groß-Berlin" geschaffen worden sei, ist mir leider nicht bekannt - daß auch Ostberlin gleich mit einbezogen wurde, hängt mit der Auffassung zusammen, die BRD sei mit dem Deutschen Reich identisch (vgl.: BVerfG vom 31. Juli 1973, Az: 2 BvF1/73; Grundlagenvertrag; sowie Hallstein-Doktrin ab 1955).
b)
DDR - Verf. Art. 2 Satz 2 "Die Hauptstadt der Republik ist Berlin", das ist i.V.m. Art. 1 "Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik; sie baut sich auf den deutschen Ländern auf" zu sehen. Da Berlin schlicht kein Land war, hieß es in Gesetz über die Bildung einer Provisorischen Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, Art. 4 "Die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, kann in die Provisorische Länderkammer sieben Vertreter als Beobachter entsenden."
"Rechtlich unterliegt das gesamte Territorium von Groß-Berlin der Gebietshoheit der DDR, auf dessen Boden es liegt und deren Hauptstadt es ist, ebenso wie es bis zur Bildung und Herstellung der Souveränität der DDR zum Hoheitsgebiet der sowjetischen Besatzungszone Deutschland gehörte, wobei den westlichen Besatzungsmächten bestimmte Rechte unter vertraglich festgelegten Bedingungen eingeräumt waren. Zu keiner Zeit aber bildete das Gebiet von Groß-Berlin eine separate fünfte Besatzungszone Deutschlands neben den vertraglich festgelegten Besatzungszonen der vier Mächte« Stellungnahme der DDR zu dem Treffen der Außenminister der vier Siegermächte, an denen beide deutschen Staaten am "Katzentisch" teilnehmen durften ... sozusagen ein "4+2" im Jahre 1959 (Quelle: BArch-SAPMO NY 30/3380; zitiert nach: KIERSTEIN "
Heiße Schlachten im Kalten Krieg", edition Ost 2007, S. 17).
6.
Vier-Mächte-Abkommen 1971
Das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin vom 03.09.1971 (BAnz Nr. 174/72 -Beil.) unterteilt sich in zwei Teile: Im ersten (allgemeinen) Teil ist nur von ZITAT "dem betreffenden Gebiet" die Rede, wogegen der zweite (besondere) Teil ausdrücklich nur die Westsektoren Berlins betrifft. Das die Auslegung dieses Faktum unterschiedlich erfolgt, war von vornherein klar, was sich bereits aus der Präambel ZITAT "Unbeschadet ihrer Rechtsposition" ergibt.
7. Berlin - Hauptstadt der DDR
Nach der Spaltung Deutschlands / Berlins durch die Westmächte, bezog die UdSSR / DDR Ostberlin sukzessiv / pragmatisch in die DDR - Normalität ein (von der Versorgungslage mal abgesehen ;-)) ohne das die SU auf ihre Privilegien in Westberlin verzichtete. Intensiviert wurden diese Maßnahmen offenbar nach dem Grundlagenvertrag DDR-BRD und der separaten Aufnahme beider Staaten in die UNO (1973)
WEHRPFLICHT
Das Verteidigungsgesetz vom 20.01.1961 und das Wehrpflichtgesetz vom 24.01.1962 wurden ohne Abstriche in Ostberlin in Kraft gesetzt. Ein solches "In Kraft setzten" geschah bis 1976 analog der Westberliner Vorgehensweise, d.h. die Gesetze wurden durch eine Übernahme-Verordnung des Ostberliner "Magistrats von Groß - Berlin" gesondert in Kraft gesetzt und in einem eigenen VOBl. für Groß - Berlin verkündet. Der Magistrat wurde 1977 in "Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR" umbenannt.
KONTROLLPOSTEN
Am 01.01.1977 wurde die Visapflicht für Ausländer bei Tagesfahrten nach Ostberlin eingeführt und ab 01.03.1977 für die Transitstrecken Straßenbenutzungsgebühren erhoben. Parallel wurden die bisherigen polizeilichen Kontrollen zwischen Ostberlin und der übrigen DDR abgeschafft.
WAHLEN
Am 28.06.1979 wurde das Wahlgesetz der DDR geändert, danach konnten die Einwohner von Ostberlin erstmals am 17.06.1981 die Abgeordneten der Volkskammer direkt wählen. Vorher wurden von der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung 66 Abgeordnete für die Volkskammer benannt.
Links:
Maßgeblich waren das Potsdamer Abkommen und andere Vereinbarungen der vier Alliierten. Dieses Recht der Sieger stand bis (2+4) 1990 über dem deutschen Recht.
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