Sonntag, 18. Februar 2024

Deco II

 To liberate Eastern Germany

Plan "DECO 2" vom Frühjahr 1955 ... vorab, siehe:

Anfang 2023 hatte ich endlich die "endgültige" Abrechnung mit DECO II gefunden. Hierin wird auf 16 Seiten der "Mythos DECO II" zerschlagen:

Der Autor ist niemand geringeres als Helmut Müller-Enbergs, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. In dieser Eigenschaft verfasste er das entlastende
Gutachten für IM "Viktoria". Von 2015 bis 2021 war er nichts geringeres als "Leiter der Spionageabwehr  beim Verfassungsschutz Berlin" und seit "November 2021 Gastwissenschaftler am Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin". Die obige PDF-Datei trägt das Datum 03.11.2021. Soviel zu meiner Quellenkritik.

In der im Aufsatz "Geschichte der HV A und ihrer Militärspionage - Analysen und Fallstudien" enthaltene Vernichtung von DECO II wird viel geschrieben und wenig ausgesagt. So heißt es zu Beginn: "(...) tatsächlich jedoch war die HV A wieder einmal auf operatives Spielmaterial hereingefallen."

Leider wird nicht erwähnt, warum dieses "operative Spielmaterial"  Deco II erstellt worden sein soll und vor allem, warum so viele angebliche Fehler eingebaut wurden. Zu den angeblichen Fehlern:
  • Eine "Geheime Bundessache" habe es damals nicht gegeben,
  • keine Angabe zur Nummer der Verschlusssache oder Ausfertigung, 
  • undeutsche taktische Zeichen auf der Karte und last but not least
  • "Angabe Stettin und Swinemünde, statt Szczecin und Świnoujście" 😂
Letzteres ist schon Realsatire, in einem westdeutschen Dokument aus dem Jahr 1955 die polnischen Ortsnamen zu erwarten.

Die Quelle "Kohle" will den Plan im März 1955 von der Vorzimmerdame im Büro von General Speidel erhalten haben. Aber, so Müller-Enbergs, wäre die Sekretärin d’Haussonville mit Personalangelegenheiten der Generalstabsoffizier beschäftigt und nicht in der Nähe von Speidels Panzerschrank gewesen. Woher der Autor das weiß? Logo, aus einer Titelgeschichte des "Spiegels" (Heft 9, 1956, S. 24).

Hach, sehr überzeugend. Ansonsten finden sich noch eine Menge Anekdoten zu verschiedenen Persönlichkeiten sowie Spekulationen zur Motivation einiger MfS-Leute sowie Details zu "Kohle", der wohl Karl-Heinz Kaerner hieß. Dann heißt es weiter im Text: 

"Folgt man den vorstehenden Ausführungen bis zu diesem Punkt, scheint lediglich eines belegt zu sein: Das Schlüsseldokument »Deco II« ist als Fälschung anzusehen. Dabei könnte man es bewenden lassen, wenn es nicht noch (...)" Und dann wird es wieder nebulös, der Autor raunt:

"Von November 1954 bis zu seiner Verhaftung im Juni 1955 habe Kaerner eine feste Anstellung im Referat III F beim »Amt Blank« unter Referatsleiter Hauptmann Ernst Grams gehabt, dessen Aufgabe es war, in gegnerische Nachrichtendienste einzudringen." Quelle? Logo "Spiegel" (Heft 16, 1954, S. 11f). Also, die Aufgaben von Grams hätten im Spiegel gestanden, der Rest steht wohl in "BArch, MfS, GH 17/60, S. 7 u. 12."

Nun ja, in Bad Honnef "verstirbt Karl-Heinz Kaerner im Jahre 2001,  der Mythos blieb."

Also, für die Behauptung "Fälschung" und gegnerisches "Spielmaterial" ist die dargelegte Faktenlage recht dürftig. Ok, wenn DECO II als Fälschung und Spielmaterial beim »Amt Blank« unter Referatsleiter Hauptmann Ernst Grams ersonnen sein sollte, ging das mächtig nach Hinten los und wäre noch heute oberpeinlich.

Kein Wunder, daß selbst der Leiter der Spionageabwehr beim Verfassungsschutz Berlin nicht an die entsprechenden Unterlagen des Amtes "Blank" gelangen konnte und auf Spiegel-Geschichten nebst Stasi-Unterlagen ausweichen mußte.

Hinweis: Der Aufsatz wurde lediglich recycelt und wurde bereits im Februar 2020 veröffentlicht, vgl.: