Da das Thema u.a. bei den Ursachen des "
17. Juni 1953" eine nicht unbedeutende Rolle spielt, dazu einige Informationen zur Kenntnis:
Vorab eine notwendige
Definition des Begriffs "Reparationen": "Geld-, Sach- und Dienstleistungen, die dem Besiegten eines Krieges meist im Rahmen eines Friedensvertrages zur Wiedergutmachung der von den Siegerstaaten erlittenen Verluste und Schäden auferlegt werden" © 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. Dazu gehören demnach
nicht Plünderungen, Restriktionen, um eine erneute Rüstungsproduktion zu verhindern, absichtliche Zerstörungen, um die Wirtschaft des - immer noch - Feindes generell zu schädigen,
Gebietsabtretungen etc. Ebenso sind Kriegsfolgelasten, wie innerstaatlicher "
Lastenausgleich" und "
Zahlungen an den erst 1948 gegründeten Staat Israel", keine Reperationen.
Mangels eines Friedenvertrages mit Deutschland, gibt es keine offizielle Aufstellung der durch Deutschland geleisteten Reperationen. Das heißt nicht, daß es keine Informationen gäbe. Vorsorglich: Der sog.
2+4-Vertrag "gilt" lediglich als Friedensvertrag. Sein Hauptmangel besteht darin, daß nur die 4 "großen" Sieger mit den deutschen Nachfolgestaaten an einen Tisch saßen und die Frage der Reparationen nicht geklärt wurde.
Da sich die Siegermächte bereits nach Kriegsende nicht über einen Modus der Reperationszahlungen des besiegten Deutschlands einigen konnten, kam es zur pragmatischen Abmachung zwischen den Alliierten, daß jede Besatzungsmacht seine Reparationen
vorerst aus der von ihm jeweils besetzten Zone einzieht. Natürlich blieb die Reparationsschuld eine
Schuld Gesamtdeutschlands.
Nun begann der "
Kalte Krieg" und es kamen drei Dinge zusammen:
1. Die
UdSSR hatte mit Abstand die höchsten personellen und materiellen Verluste im Weltkrieg. So wurden 1.710 Städte, 70.000 Dörfer, 32.000 Industriebetriebe und 65.000 Kilometer Eisenbahnstrecke zerstört. Im Ergebnis forderte sie nachvollziehbar auch die höchsten Reparationszahlungen aller Alliierten.
2. Die verhältnismäßig kleine
SBZ hatte diesen großen Brocken alleine zu zahlen, so wurden aus der laufenden Produktion erhebliche Mengen abgezogen und zwischen 2.000 und 3.000
Betriebe demontiert und in die UdSSR verbracht.
3. Die wirtschaftlich ebenfalls am Boden liegende UdSSR konnte nicht auf diese Reparationszahlungen verzichten. Die westlichen Allierten konnten dagegen alsbald nach dem Krieg auf weitere Reparationszahlungen Deutschlands (also aus den drei
Westzonen) praktisch verzichteten.
Folge:
* die Höhe der von den Westzonen (später BRD) erbrachten Reparationen wurden von der I.A.R.A. mit 517 Mio. $ (1938) beziffert =
2,1 Mrd. DM (1953). Die
I.A.R.A. (Interalliierte Reparationsagentur) existierte von 1946 - 1968 in Brüssel und war eine Einrichtung der West-Alliierten.
* Die Höhe der von der Ostzone (später DDR) erbrachten Reparationen wurden 1985 vom
Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen mit 66,4 Mrd. DM (1944) beziffert =
99,1 Mrd. DM (1953)!
Ostdeutschland hat damit 98% der 101,2 Mrd. DM (Wert 1953) an Reparationen bezahlt, wobei aus dem "sowjetischen Topf" auch zumindest Polen bedient wurde. Auf die Einwohnerzahl von 1953 (Abschluß der Reparationen) umgerechnet, hat jeder DDR - Bürger das 130fache an Reparationen aufgebracht!
Über die Berechnung und Einbeziehung / Bewertung verschiedener Positionen gibt es unterschiedliche Auffassungen, nicht über die Dimensionen, .... Zahlen nach WENZEL "
Was war die DDR wert?" sowie dem Weissbuch "
Unfrieden in Deutschland - Enteignung der Ostdeutschen".
BRD-Angaben
Übrigens entsprechen diese Zahlen - in Bezug auf Reparationen - auch der Antwort der Bundesregierung auf die entsprechende Frage des Abgeordneten
Martin Hohmann, CDU/CSU. Diese Antwort ist m.W. nur über das "
Ostpreußenblatt" online. Der geneigte Leser muß sich zum nachlesen daher über eine
unzensierte Suchmaschine selbst bemühen ... Dort nennt die BRD - fröhlich alle Reparationen, Wiedergutmachungsleistungen und Globalentschädigungsabkommen, einschließlich "Vorkriegsschulden des Reiches" (sic!) aufsummierend - ca. 140 Mrd. DM. Die Leistungen der DDR werden dagegen auf Reparationen (bis 1953) und damit die von mir genannten 66,4 Mrd DM (Wert 1944) beschränkt. Dieses fröhliche Aufsummieren, vor allem ohne Umrechnen der Werte auf einen einheitlichen Zeitpunkt ist der "technische" Hauptmakel dieser Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage eines Parlamentariers.
Selbst wenn ich diese zu Gunsten der BRD geschönten Zahlen zu Grunde lege und auf die Einwohnerzahlen 1953 umrechne (Achtung! Wollte ich zu Gunsten der DDR schummeln, würde ich die von 1989 nehmen), hätte die BRD von den deutschen Gesamtzahlungen 152 Mrd. DM (statt 140 Mrd DM) und die DDR 55 Mrd DM (statt 66 Mrd. DM) zahlen müssen! Das war den BRD-Beamten offenbar auch klar, denn dann werden systemwidrig "innerstaatlichen Leistungen", wie
Lastenausgleich, einbezogen und diese allein mit 755,9 Milliarden DM beziffert. Dabei spielt die "Versorgung nach Art. 131 GG (einschließlich Leistungen nach § 233a SGB VI)" mit 173,6 Milliarden DM eine nicht unbedeutende Rolle = Pensionen an NAZI-Beamte, die aufgrund ihrer Belastung selbst in der BRD nicht weiter verwendet werden konnten. Dann kommt noch ein bißchen Kleckerkram von der Industrie i.H.v. 75,5 Mio. DM ... macht lt. meinen Rechner über eine Billionen DM, wobei die innerstaatlichen Leistungen den Löwenanteil ausmachen, die aber nicht Thema sind.
»So befand sich Westdeutschland 1950 im Besitz einer industriellen Ausstattung, die trotz Luftkrieg und trotz Demontagen um 11 Prozent
größer war als die des Jahres 1936« (
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1998, Heft 1, S. 69; 6,7 MB!). Die DDR verlor dagegen bis 1953 rd. 40 Prozent des nach dem Krieg noch vorhandenen Industriepotentials durch Demontagen (
Reparationen und die beiden deutschen Staaten, s.a.
Bundeszentrale für politische Bildung).
DDR-Angaben
Alexander Schalck-Golodkowski listete im Jahr 1970 in seiner
Dissertation - GVS 210 - 354/70 - penibel die Forderungen der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber der Bundesrepublik Deutschland auf Erstattung von der DDR geleisteter Reparationen auf. Dort heißt es u.a.: »Von der DDR wurden insgesamt Reparationen geleistet in Höhe von 4.292 Mio $ ...«
Zudem werden die o.g. 517 Mio. $ der I.A.R.A. nicht in vollen Umfang anerkannt. Nachvollziehbare Begründung: »Übergebene deutsche Handelsschiffe und das beschlagnahmte deutsche Auslandsvermögen sind gesamtdeutsches Vermögen und gehören nicht Westdeutschland allein. Die Leistungen können demzufolge auch Westdeutschland nur anteilig als Reparationen angerechnet werden. Ein anderer Teil ist der DDR als Reparationsleistung zuzurechnen.«
Im Ergebnis kam die DDR 1970 zu folgenden Ergebnis: Deutsche Reparationsleistungen insgesamt 4.809 Mio. $.
Davon entfielen 4.372 Mio. $ (91%) auf die DDR und 437 Mio. $ (9%) auf Westdeutschland. Bezogen auf die damaligen Einwohnerzahlen ergibt sich kein anderes Bild als das o.g.: Die DDR-Bevölkerung hat fast alle auferlegten Reparationen allein getragen, während die BRD mit einem Teil der US-"Kriegsbeute" -
Marshallplan genannt - aufgebaut wurde.
Hauptmangel dieser Aufstellung aus 1970 ist ebenfalls die fehlende Umrechnung der Beträge auf ein einheitliches Jahr. Natürlich lies auch die DDR - so wie oben die BRD - es sich nicht nehmen, nicht nur die Reparationen zu benennen, sondern summierte anschließend weitere Kriegsfolgelasten bzw. Lasten des Kalten Krieges auf, wie Kosten des Menschenhandels sowie Beschlagnahmungen von Vermögen und wirtschaftlichen Beteiligungen. Im Ergebnis kam sie auf eine
Forderung von 101.930 Mio. DM gegenüber der BRD, wobei Dollarbeträge und DM im Kurs von 1 : 4 umgerechnet wurden. Ein Betrag der sich bis 1990 mit Zinseszinsen auf ca. eine Billionen DM aufsummiert hatte.
Persönlich halte ich neben den Reparationen den Verlust der
Deutschen Ostgebiete - auch finanziell - mit Abstand am Bedeutensten. Ein Verlust, der zweifellos die spätere DDR traf ....
Letztes update: 09.12.2012