Samstag, 11. Februar 2012

50. Jahrestag der US-Blockade gegen Kuba

Vor 50 Jahren erließ US-Präsident John F. Kennedy ein umfassendes Embargo gegen das sozialistische Kuba. Anlaß war die Nationalisierung der US-Erdölraffinerien in Kuba. Und Kuba lebt immer noch! Ein so erfolgloses Embargo kannte die Geschichte bisher nicht.

Vorsorglich: Kuba ist zweifellos und unstrittig ein armes Land, was sich auf den Lebenstandard der Bevölkerung auswirkt. Da aber alles nur vom Vergleich lebt ... arm ist Kuba im Verhältnis zur "ersten Welt".

Im Vergleich zur "dritten Welt", vor allem den Nachbarländern Lateinamerikas, sind die Kubaner "reich": »Kuba liegt beim HDI weltweit auf dem 51. Platz (2011)" (Wiki)«, Haiti auf Platz 158, DomRep 98, ebenfalls Inselstaaten und im direkten Einflußbereich der USA. Damit ist Kuba auch "reicher" als bspw. Bulgarien (Rang 55). Portugal schaffte es gerade auf Rang 41. Nun ist Platz 51 von 187 mehr als "findet sich immer jemand, der noch viel schlechter dran ist". Wenn ich z.B. mein Haushaltseinkommen betrachte, befinde ich mich im bundesdeutschen Durchschnitt. Das wären hier Platz 93 von 187. Und mir geht es subjektiv gut ... Es sagt natürlich viel über die Verfassung der Welt als solche aus, wenn sogar Kuba überdurchschnittlich "reich" ist. Was es auf Kuba nicht gibt: Superreiche und Superarme, die relative Armut ist weitgehend gleich verteilt.

Besonders schmerzlich ist meiner Meinung nach die Armut im Vergleich zu 1989. Das US-Embargo wirkte sich mit dem schlagartigen Zusammenbruch des Realsozialismus umso härter aus. Besonders stolz können die Kubaner sein, die "Periodo especial" grundsätzlich überstanden zu haben. Nicht ohne Zugeständnisse und zusätzliche Probleme, jedoch: Da sind sie aber immer noch ...

... natürlich paßt das vielen nicht und so geht die Propaganda weiter. Vorsorglich: Der Papst und ich ;-) halten Propaganda für nichts schlechtes. So gründete der "Heilige Stuhl" bereits 1622 die "Congregatio de propaganda fide", d.h. die (päpstliche) Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens. Es kommt nur darauf an, auf welcher Seite man sich befindet.

Die 'Berliner Zeitung' schrieb zum Thema dieser Tage:
Ȁrzte aus Kuba fliehen auf Umwegen
Von Thomas Wagner

Bogotá – Schon mehr als 800 kubanische Ärzte haben den Auslandseinsatz in Venezuela genutzt, um sich in den Westen abzusetzen. ... „Jetzt fühle ich mich frei“, sagte sie ihrem Fluchthelfer ... Die 42-jährige Krankenschwester ... In Venezuela sind neben medizinischem Personal auch kubanische Trainer, Landwirte, Ingenieure und Militärberater im Einsatz – alles in allem zwischen 30.000 und 40.000 Menschen.«

Propaganda und Zahlen, das geht selten gut:

Es scheinen unter den "800 Ärzten" nicht nur Ärzte zu sein, sondern eben auch Krankenschwestern ect. pp. Ebenfalls ist der Zeitraum nicht angegeben. Innerhalb von 10 Jahren, wären das 80 "Republikflüchtige" pro Jahr von ca. 35.000, mithin rd. 0,2 Prozent. Naheliegend verlassen einige Kubaner ihr Land und gehen in die USA, wo sie im Gegesatz zu anderen Flüchtingen, wie aus Haiti oder Mexiko, mit offenen Armen empfangen werden. Eigentlich kein Artikel wert .... Ja, ist denn schon wied^^^immer noch Kalter Krieg?!

Und da mir das alles spani^^^kubanisch vorkam, habe ich mal nach gelesen. So flieht obige 42-Krankenschwester bereits seit November 2011 aus Venezuela, wie in der "Zeit" zu lesen. Der "Original"-Artikel des Journalisten, Thomas Wagner, stammt ebenfalls aus November 2011, vg.: thomaswagner.org.

In dem Artikel wird keine Anzahl von "Republikflüchtigen" genannt, lediglich vom Schicksal der "42 jährigen Krankenschwester" erzählt. Die Zahl "800" hat sich ggf. die Berliner Zeitung ausgeda^^^aus anderer Quelle. Außerdem kooperieren Venezuela und Kuba auf dem Gebiet des Gesundheitswesens seit 11 Jahren, vgl.: latina.press.com.

Dafür kommt "Kuba-Experte Jorge Piño von der Florida International University" zum antikubanischen Wort ... mein Nachforschen hat dabei ergeben, daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit Jorge Piñon heißt.

Herr Piñon wäre demnach nicht nur ehemaliger Präsident von Amoco Oil de Mexico und Amoco Oil Latin America, die letztlich ihren Weg zu BP fanden:
http://www7.miami.edu/ftp/umgreen/experts_altfuels.html
http://naturalresources.house.gov/UploadedFiles/PinonTestimony11.02.11.pdf

Er gilt in den USA als Experte für Kubas Energiesektor, sowie für den "künftigen wirtschaftlichen Übergang" zum Kapitalismus. Zudem ist er ist Berater und Mitglied der "Cuba task forces" an der "Brookings Institution" (US-Denkfabrik) und beim "Council of the Americas" (Gesellschaft zur Einmischung in Süd-Amerika) sowie Mitglied des "Board of Directors" der "Association for the Study of the Cuban Economy" (ASCE) und Co-Autor einer Monografie zur Zukunft von Kubas Energiesektor und den Zugang zu dessen Energieressourcen. Herr Piñon hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und ein Zertifikat in "Latin American Studies" an der University of Florida.

Er ist auch häufiger Gast von CNN (Español), CNN International, Bloomberg Financial und anderen Nachrichten-Sendern .. Propagandist in eigener Sache, s.a.:
http://www.cubastudygroup.org/index.cfm/experts#2390ae12-4b89-4d66-a245-68260695ac7c

Also, das scheint er zu sein und ist nicht *irgendwer*. Das sich der Erdöl-Mann für kubanische Krankenschwestern interessiert, ist schon interessant ;-)

Zurzeit "schießt" er wohl gegen die kubanischen Erdölbohrungen, schließlich brachen 1990 die sowjetisch / russischen Lieferungen auf 10 % des Niveaus von 1989 zusammen. Der wirtschaftliche "Aufschwung" Kubas in letzter Zeit resultiert nicht zuletzt auf der Zusammenarbeit mit Venezuela (Krankenschwestern / Ärze im Tausch gegen Erdöl).

Damit hat Herr Piñon und seine Hintermänner, die er vertritt, ein vitales Interesse an "republikflüchtigen" Ärzten und Krankenschwestern ...


update (19.02.2012)
"Roberta" flieht weiter.

Zwar habe ich auf meine Anfragen beim Autor, Thomas Wagner, keine Antwort erhalten, er hat aber nunmehr ein weiteres Recycling in der FR vom 07.02.2012 verlinkt. Nach nochmaligen Lesen des Artikels viel mir auch auf, woher die Zahlen kommen: "2006 legte die Einwanderungsbehörde eigens für sie ein Visaprogramm auf, genannt „Cuban Medical Professional Parole“ (CMPP) – offenkundig mit der Absicht, das Nachbarland zu schwächen. Nach Angaben des Wall Street Journal erteilten US-Konsulate in 65 Ländern in den ersten viereinhalb Jahren 1 574 solche Visa: 800 allein in Venezuela und jeweils weitere 300 in Curaçao und Kolumbien." Also 800 Visa für Mitarbeiter des kubanischen Gesundheitswesens in 4,5 Jahren. Interessant ist eigentlich an dieser Meldung nur, daß die USA extra dafür eine Abwerbe- und ggf. Schleuserorganisation gegründet hat.

2 Kommentare:

  1. »Zu Beginn des neuen Jahrtausends existierte in den Elendsvierteln der großen Städte kaum eine gesundheitliche Versorgung. Weil die venezolanische Ärzteschaft es ablehnte, dort tätig zu werden, wurde im Rahmen eines bilateralen Abkommens die Medizinische Hilfsorganisation Kubas (Misión Médica Cubana) verpflichtet, Personal in die Armenviertel von Venezuela zu schicken. 2003 kamen die ersten kubanischen Ärzte im Land an und nahmen ihre Arbeit auf. Mittlerweile arbeiten weit mehr als 10000 Kubaner in kleinen Volkspraxen (Consultorios Populares). Nach und nach werden diese von venezolanischen Absolventen eines neugeschaffenen Studienganges, mit Schwerpunkten Familienmedizin und Prävention (Medicina Integral Comunitaria, MIC) ersetzt.«
    "junge welt" vom 16.05.2012

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  2. Bereits am 07.02.2007 berichtete die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGfM) über eine angebliche Massenflucht kubanischer Medizier aus Venezuela in die USA: igfm.de

    Ein ehemaliger Insider der IGfM meint allerdings aus seiner Zeit vor 1990: "Jedoch belegen diese Beispiele, das primitiv antikommunistische Feindbild Kalter Krieger alles beherrscht, und wie unglaubwürdig das oberflächliche oder gar bewußt selektive Vorgehen der IGFM ist. So ist auch das Phänomen erklärlich, daß die IGFM nur Linksdiktaturen im Visier hat, dabei etwa Menschenrechtsverletzungen in den Volksrepubliken China und Nordkorea anklagend, hingegen über Kriegsrecht, Einpartei-Diktatur der Kuomintang-Partei und fehlende Freiheit des Reisens in "Nationalchina" (Taiwan) oder über die Reise- und Kontaktverbote für Südkoreaner in Richtung Nordkorea kein Wort verlor: die Menschenrechtsverletzer auf Taiwan und in Südkorea sind nämlich 'gute' Antikommunisten. Und nach Taiwan, dem Sitz der militanten World Anti-Communist League, haben die Frankfurter auch gute Kontakte."
    http://www.platzdasch.homepage.t-online.de/download/igfm.pdf

    Ganz nebenbei setzte sich beireits die Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e.V. (FBK) im Jahr 2010 mit dieser Fluchtkampagne auseinander, konkret zum Artikel "Kubanische Ärzte fliehen aus Venezuela" von Wolfgang Kunath in der NZZ am Sonntag vom 02.05.2010:
    fg-berlin-kuba.de.

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