Montag, 21. Dezember 2015

Einladung & Reise in das KOLDKRIGS-Museum Stevnsfort (DK)




















Vorbemerkung:
Am Sonnabend, den 21.11.2015, war es soweit: eine Reisegruppe Ehemaliger der NVA & vom Luftfahrtmuseum Finowfurt sowie ein Redakteur/Kamera-Team des NDR-MV trafen sich um 08.30 Uhr am Fährcenter Rostock-Überseehafen. Zu einer Reise in das KOLDKRIGS-Museum Stevnsfort auf Seeland/Dänemark.

Ursache und Hintergrund der ganzen Sache war unsere Kritik an einem Beitrag ZEITREISE im NORDMAGAZIN des NDR-MV vom Februar 2014. Vielleicht könnt Ihr Euch noch daran erinnern. Thema „Kalter Krieg auf der Ostsee“-z.T. sachliche Fehler und fehlender historischer Kontext im Beitrag incl. in den Kommentaren. Bei einem Treffen mit dem NDR, u.a. mit dem Autor des Beitrages, gab es darüber eine offene und vertrauensvolle Diskussion, in der die Fehler zugegeben wurden, zugleich mit der Bitte um Mitarbeit/Unterstützung bei weiteren ähnlichen Themen zur Geschichte/NVA/Kalter Krieg. Wir haben zugesagt, entsprechend unseren Möglichkeiten. Dabei waren damals auf „unserer“ Seite der Runde Joachim Kampe aus Strausberg und Roland Woiciechowski aus Demen. Eine Einladung nach Dänemark vom Leiter des KOLDKRIGS-Museums, Thomas Tram Pedersen, erhielten wir kurz danach. Nach etlichen Terminverschiebungen wurde der 21.-22.11.2015 als endgültiger Besuchszeitraum vereinbart. Im Vorfeld hatten wir versucht, auch ehemalige Piloten des JG-9 Peenemünde für das Projekt zu gewinnen, da es im DHS-Einsatz ja auch zu „Luft-Begegnungen“ mit dänischen Jagdflugzeugen gekommen ist. Hatte nicht geklappt. Trotzdem vielen Dank an P. Profe, M. Kanetzki und Dr. W. Thonke für ihre Bemühungen. Nach einigem Zeit-und Kraftaufwand trat eine sachkundige und kompetente „Truppe“ die Reise an:

Bernd Krautheim (AGS 43.FRBr Rövershagen, dann Ltr. GS FRR-13 Parchim), Dr. Klaus-Peter Kobbe (Ltr. Luftfahrtmuseum Finowfurt),  Jörg Engel (engagiert sich beim Luftfahrtmuseum Finowfurt), Hartmut Hädicke (K-FRA 4333Kägsdorf, dann in der 51.FRBr Sprötau), Heinz-Dieter Wittwer (Grenzbrigade Küste, Funkmessaufklärung), dazu kam Barbara Kirchhainer (Ltr. TRADI SANITZ)
Eine interessante Reise mit vielen Erlebnissen & Erkenntnissen, das Projekt ZEITREISE vom NDR M-V und auch eine Gesprächsrunde mit Ehemaligen der dänischen Luftverteidigung incl. dem Chef der LV-DK, Oberst a.D. H. Nielsen, standen uns bevor…

In Gedser holte uns Thomas Tram Pedersen ab, dann ging es weiter Richtung zum südöstlichen Teil von Seeland zum KOLDKRIGS-Museum Stevnsfort bei Rödvig/Heddinge. Stevens Klint und Stevns ist an der Küste und durch die Natur mit steilen Klippen und Kalkstein geprägt. Allerdings auch durch den Kalten Krieg mit einer Vielzahl von militärischen Einrichtungen, die weiträumig für die Bevölkerung abgesperrt waren. Sechs Standorte, ca. 1.000 Soldaten. Die meisten Anlagen sind inzwischen außer „Betrieb“, so wie das Stevnsfort, das als letzte Küstenbefestigungsanlage von der dänischen Armee im Jahre 2000 stillgelegt wurde. Es besteht aus einem Außengelände mit zwei Zwillingstürmen 15 cm- Geschützen der deutschen GNEISENAU aus dem II. WK, Reichweite ca. 23 km, als Sekundärbewaffnung, vor allem aber aus mehreren ehemaligen HAWK-Batterien. Reste davon können besichtigt werden. 

Von 1952 bis 1954 erfolgte der bergmännische Bau der großen unterirdischen Bunkeranlagen incl. der Unterkünfte für die 300 Mann starke Besatzung, alles in einer Tiefe von 18-20 m im Kalkstein. Beton kam dabei eher selten zum Einsatz. Der Hauptgang allein ist ca. 1,6 km lang, dazu unzählige Nebenstollen und Räume. Eine feuchtkühle Temperatur von nur 10°C erfordert Durchhaltevermögen. Die Betten der Soldaten dazu ungeschützt im Hohlgang angebracht- nicht gerade was zum „Träumen“. Die günstige strategische Lage diente der Schiffs-und Luftraumüberwachung nicht nur der Öresund-Passage, sondern ging bis hoch nach Bornholm und war zusammen mit weiteren Fla-Raketenstellungen von NIKE und HAWK-Systemen in die Luftverteidigung von Kopenhagen miteingebunden. In einer 24 h-Schicht. Einblick in die Schiffsmelde-/Luftraumüberwachungszentrale incl. einer Fernmeldezentrale konnten wir nehmen, u.a. waren auch verschiedene Dokumente, Signalübersichten, Karten mit Stellungen/Standorten der NATO-Streitkräfte, vermeintliche Bedrohungsaktivitäten des Gegners im Ernstfall, polnische und russische Originale mit Zeichenerklärungen/Abkürzungen zu entsprechenden Seekarten, eine Übersicht über Schiffe/Flotten des Warschauer Vertrages usw. zu sehen, aber nicht nur - auch Kaffeetassen, Aschenbecher und sogar FAXE-Bierflaschen an den Radar-Arbeitsplätzen. Mal eine Flasche Bier am Arbeitsplatz-sicherlich auch Wunsch & Traum eines  Funkorters auf einem Gefechtsstand einer Fla-Raketeneinheit der NVA-Luftverteidigung…

Gab es bereits während des Rundgangs untereinander Gespräche, so wurde das dann am Abend bei einem Treffen intensiviert. Von dänischer Seite nahmen neben T.T. Pedersen u.a. auch der Chef der dänischen Luftverteidigung, Oberst a.D. H. Nielsen, sowie seine Frau daran teil. Vom Dienstgrad Major und als Radar-Operator in einer ebenfalls verantwortungsvollen und Führungsposition tätig. Eine offener, sachlicher und sachkundiger Gedankenaustausch, mit Darstellungen und Berichten zu eigenem Erlebten im Dienst und über den Kalten Krieg in der Luft. Wir erfuhren auch, wie von Seiten des Warschauer Vertrages die Aufklärung der anderen, ebenfalls „gegnerischen“ Seite erfolgte. Von Kampfschwimmern der VM, die an einem der beiden Notausgänge von Stevnsfort eine Nachricht über ihre Anwesenheit hinterließen. Eine für alle Beteiligten interessante Runde…

Dabei stellten wir auch fest, dass die Dänen einen z.T. anderen Blick bzw. eine andere Sichtweise hatten/haben als wir es gewohnt waren. Man geht damit zwar sehr objektiv, aber eben auch „unverkrampfter“ um. Auch wenn der Kalte Krieg natürlich auch das NATO-Land Dänemark und die Gesellschaft geprägt haben. Nie zuvor in der Geschichte Dänemarks wurde so viel in die Verteidigung des Landes gesteckt wie gerade in dieser Zeitepoche. Auch wenn sich Dänemark gegen die Stationierung von Atomwaffen auf seinem Territorium ausgesprochen hatte und die NIKE & HAWK von den USA „nur“ geleast waren…

Am Sonntag, den 22.11., ging es nach Stevns - zum Leuchtturm, einer ehemaligen HAWK-Batterie sowie einer Küstenbeobachtungsstation. Wer een betten plattdüütsch verstahn künnt, der bekommt es in dem Fall auch aus dem Dänischen hin: „KYSTUDKIGSHÜTTEN“… dann u.a. weiter zu einer ehemaligen Funkabhörstation des dänischen Geheimdienstes nach Gedesby. Innen ausgeräumt und verwahrlost, aber auf dem Turm moderne Mobilfunktechnik und entsprechend auch so genutzt. Um 13.30 Uhr mit der Fähre Richtung Rostock. Fragen, die man sich nach einer Reise zumeist stellt: wie war die Reise, was brachte uns die Reise?

Einige Gedanken von Hartmut Hädicke über die Reise…

“… Bereits auf dem Schiff entstand eine lebhafte und interessante Diskussionsrunde über unsere Erlebnisse aus der Zeit des Kalten Krieges im Rahmen der Luftverteidigung an der Nordgrenze zwischen Warschauer Vertrag und NATO. Hier gab es kaum einen Tag, an dem wir es nicht mit Anflügen von westdeutschen und auch dänischen Fliegerkräften auf die Staatsgrenze der DDR zu tun hatten. Ich habe persönliche mehrere Luftraumverletzungen auf den Bildschirmen unserer Funkmessstationen und sogar auf dem Bildschirm der Fernsehkamera unserer Raketenleitstation mitverfolgt. Allerdings hatten wir ein strenges Verbot diese Luftziele mit unseren Möglichkeiten zu bekämpfen. Gleichzeitig mit uns wurden auch die Jagdflieger alarmiert, deren Aufgabe es war diese Flugzeuge aus unserm Hoheitsgebiet zu begleiten. Hätten wir so gehandelt wie die türkischen Streitkräfte bei dem aktuellen Abschuss der russischen SU-24, wäre es sicher nicht zu der friedlichen Wiedervereinigung unseres Volkes gekommen… 

Uns war es wichtig, unseren dänischen Gastgebern auch noch 25 Jahre nach dem Mauerfall zu erklären, dass es stets das Ziel für uns war, durch gute fachliche Kenntnisse und einen hohen Ausbildungsstand unserer Besatzungen einen Krieg zu verhindern und nicht einen Krieg zu führen. Gemeinsam kamen wir zu der Erkenntnis, dass wir alles dafür tun müssen um niemals wieder in eine Situation zu kommen, wo durch einen kleinen Funken ein großer Weltenbrand entstehen kann. Und - wir waren uns auch darin einig, dass sich unsere Welt bereits wieder in einer sehr gefährlichen politischen Lage befindet und täglich unschuldige Menschen durch Kriegshandlungen sterben müssen. Ein neuer Krieg, egal durch wen und wo, kann doch nicht die logische Schlussfolgerung aus unserer Geschichte sein. Ich möchte mich abschließend noch einmal bei den Organisatoren dieses Treffens bedanken und hoffe, dass wir mit unserem Meinungsaustausch zu einer positiven Geschichtsaufarbeitung beigetragen haben.“ (Zitat, H. Hädicke)

Wir möchten uns bei Thomas Tram Pedersen für die Einladung, für die äußerst sachkundige Führung und Begleitung, für sein Engagement und die Gastfreundschaft ganz herzlich bedanken! Und freuen uns auf seinen Besuch des TRADI SANITZ! Auch den anderen dänischen Teilnehmern für die Offenheit, das Vertrauen und die Freundlichkeit nochmals  vielen Dank! Mit dem NDR-Team haben wir uns gut verstanden. Wir denken, dass wir das Projekt ZEITREISE mit dem Thema „Kalter Krieg in der Luft“ sachgerecht & objektiv unterstützt haben und sind gespannt auf die Sendung im NORDMAGAZIN des NDR im Januar 2016… 
 
Ein Poster „Reise nach Stevnsfort“ für die Wandgalerie des TRADI SANITZ ist im Entstehen, eine DVD ebenso. Am Tag der offenen Tür TRADI SANITZ am Sonnabend, den 27.02.2016, zu besichtigen!
Zum Weihnachtsfest und zum neuen Jahr 2016 wünschen wir Euch alles Gute, vor allem Gesundheit!      

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