Montag, 6. Oktober 2008

Einsatz der Bundeswehr im Innern

Dieser 5. Oktober 2008 wird "historisch": Die Führungsriege von CDU und natürlich SPD, d.h. die regierenden Parteien, haben sich darauf geeinigt, die Bundeswehr auch im Inneren einzusetzen und dazu eine Verfassungsänderung herbeizuführen. »Danach soll die Bundesregierung zur „wirksamen Bekämpfung besonders schwerer Unglücksfälle“ auch die Streitkräfte heranziehen und den „Einsatz militärischer Mittel“ anordnen können« (Die Welt). Ich warte auf die Auslegung von "besonders schwerer Unglücksfall". Oder ist ein Schwerpunktstreik nicht ein besonders schwerer Unglücksfall für "unsere Volkswirtschaft"? Ja, da war doch was .... (Bahnstreiks 2007)... die Fachvokabel lautete damals noch "immense wirtschaftliche Schäden für die Volkswirtschaft"!

Bei n-tv hieß es »... Struck im Deutschlandfunk ... Die SPD habe klar gemacht: "Mehr geht nicht." Demgegenüber habe die Union im Artikel 87a Grundgesetz einen anderen Verteidigungsbegriff installieren wollen.« Geplant war, Art. 87a Abs. 2 GG zu ändern.

"Deswegen muss es geregelt sein, damit wir im Ernstfall handeln können: Erstens, indem wir bei besonders schweren Unglücksfällen im Rahmen der unterstützenden Gefahrenabwehr nach Art. 35 II und III GG auch den Einsatz militärischer Mittel vorsehen, und zweitens, in dem wir die punktuelle Bekämpfung von Angriffen auf die Grundlagen des Gemeinwesens als eigenständige, der Verteidigung vergleichbare Aufgabe in Art. 87a II GG ergänzen." Dr. jur. Wolfgang Schäuble in "Aktuelle Sicherheitspolitik im Lichte des Verfassungsrechts" (ZRP 2007, S. 210 f.).

Weiß auch jemand warum?

Wir erinnern uns, im Art. 87a GG der BRD heißt es u.a.: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf." Nun soll (doch nur?) der Artikel 35 GG geändert werden, dort heißt es u.a. "Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe", soweit so "gut".

Nun heißt es im Artikel 9 GG u.a. "Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden." Darunter fallen auch Gewerkschaften und das damit zusammenhänge Streikrecht ("Arbeitskämpfe"). Um zu vermeiden, daß die bereits 1955 gegründete Bundeswehr in Arbeitskämpfe auf seiten der Kapital^^^^Unternehmer eingreift, heißt es in diesem Artikel ausdrücklich: "Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden."

Wäre der Art. 87a Abs. 2 GG nach den Wünschen der CDU - Einsatz der Bundeswehr im Inneren - geändert worden, hätte dem Einsatz der Bundeswehr gegen streikende Arbeiter (und Angestellte) verfassungsrechtlich nichts entgegen gestanden. Im Art. 9 Abs. 3 GG ist eben nur ausdrücklich vom Art. 87a Abs. 4 GG die Rede ....

Nun mehr hoffe ich, daß die Regierungskoalition den letzten Gewerkschaftern in der SPD entgegenkommt und nicht dummerweise den Art. 35 Abs. 1 GG ändert oder gar einen neuen Abs. 4 kreiert, dann könnte die Bundeswehr ohne die Hemmung des Artikel 9 GG .... nein, so schlimm wird es wohl nicht. Es wird schon Abs. 2 oder 3 geändert.

In diesem Fall muß für einen Einsatz zusätzlich die einschränkende Bedingung, daß es sich bei dem Arbeitskampf nicht um "Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" geht oder etwa um als "politisch" eingeschätzte Streiks handelt, genommen werden. Einschätzungen, die natürlich die Regierung trifft, die die "Panzer rollen" lassen will. Arbeitskämpfe von ggf. (schnell) verbotenen Gewerkschaften hätten natürlich auch keine Gnade vorm GG zu erwarten.

Nein, morgen schießt das Militär in Deutschland noch nicht (wieder) auf Sreikende, es wird aber das Instrumentarium geschaffen, welches das ermöglichen würde. Ach, ja, politische Demonstrationen stehen natürlich nicht unter dem "Schutz" des Art. 9 Abs. 3 GG. Da darf dann die Bundeswehr uneingeschränkt "Amtshilfe" leisten.

Was meinet Dr. jur. Wolfgang Schäuble eigentlich mit "punktuelle Bekämpfung von Angriffen"?! Ich weiß es nicht. Was "Einsatz militärischer Mittel" heißt, weiß ich, vgl.: "Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung .... auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen" (Erklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24. März 1999). Auf jeden Fall das bundesdeutsche Heer übt schon mal „Operationen mit niedriger oder mittlerer Intensität“: "Was mit einer humanitären Aktion begann, endete ... in einem örtlich begrenzten Angriff infanteristischer Kräfte auf mehrere Gebäude in der Ortschaft Bonnland" (Behörden-Spiegel). Vorerst liegt "Bonnland" noch im Ausland. ...

„Die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit verschwimmen zunehmend. Internationale Einsätze unter Beteiligung Deutschlands und Heimatschutz sowie Einsatz der Bundeswehr im Innern sind deshalb zwei Seiten ein und derselben Medaille“ (Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2005, Quelle).

(Hervorhebungen stets von mir)
Mal lesen: http://verfassungen.de/de/gg49-kons-i.htm !

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen