Samstag, 14. Mai 2011

Eintrittsgeld für die Demokratie

Es ist kein Geheimnis, daß die gesellschaftliche Teilhabe Geld kostet. Die Teilnahme an Wahlen war bisher kostenlos. Allerdings zählte in der Vergangenheit nicht jede Stimme gleich. So wurde in Deutschland das Klassenwahlrecht (die Wähler erhielten ein nach Steuerleistung in drei „Klassen“ abgestuftes Stimmengewicht) zwischen 1849 bis 1918 auf Länderebene praktiziert.

Im Jahre 2008 trat Herr Gottfried Ludewig mit seinen "Drei Thesen zur Stärkung der Leistungsträger" ins Rampenlicht. »Ludewig fordert darin: "Diejenigen, die den deutschen Wohlfahrtsstaat finanzieren und stützen, müssen in diesem Land wieder mehr Einfluss bekommen. Die Lösung könnte ein doppeltes Wahl- und Stimmrecht sein." Allein mit "Hartz IV-Beziehern und Rentnern" könne der soziale Ausgleich in Deutschland nicht funktionieren« (SPON).

"Leider" hatte er mit diesem Vorstoß (noch) keinen Erfolg, aber solche Ideen scheinen in der CDU mit karrierefördernd zu sein, wie ein Blick in seinen Lebenslauf verrät. Nun hat er einen Unterstützer in Großbritanien erhalten. Großbritanien, das als Monarchie und mit dem konsequenten Mehrheitswahlrecht, sowieso eine interessante Ausgestaltung der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie hat.

Nun streitet der Journalist Ian Cowie in seinem Blog-Beitrag bei "The Telegraph" für eine Beschränkung des Wahlrechts auf Menschen, die tatsächlich Steuern zahlen. Dabei bezieht er sich offenbar nur auf die Einkommensteuer und ignoriert die verschiedenen - regressiv wirkenden - Verbrauchssteuern, die z.B. in D-Land bereits mehr als die Hälfte des gesamtstaatlichen Steueraufkommens realisieren und zweifellos auch von den Ärmsten gezahlt werden.

Spannend und demagogisch auch sein "Kneipen-Beispiel", das die Frage, warum der Eine reich und der Andere arm ist, völlig ausblendet. Seine abschließende Aussage: "It’s time to restore the link between paying something into society and voting on decisions about how it is run." ist an Zynismus nicht zu überbieten und führt in vergangene Zeiten: »Vor 1918 wurde das Wahlrecht in Großbritannien im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Situation (genauer von der Fähigkeit Steuern zu zahlen) bzw. der Zugehörigkeit zum Adel abhängig gemacht (was im Verständnis der Bevölkerung zur damaligen Zeit häufig gleichgesetzt wurde), was dazu führte, dass bis 1918 nur etwa 52% der Männer das Wahlrecht besassen« (Wikipedia).

Interner Link: http://ddr-luftwaffe.blogspot.com/2008/05/bezglich-der-wahlen.html

1 Kommentar:

  1. Alles gar nicht nötig! Professor Wolf Wagner erläuterte bereits 2005 in seinem Buch "Wie Politik funktioniert":

    »Die Politik steht vor einem Dilemma: Auf der einen Seite muss sie sich um außerordentlich schwierige, kleinteilige und verwickelte Probleme kümmern, die nur Fachleute interessieren und überblicken. Auf der anderen Seite soll sie nicht zur Expertendiktatur verkommen, sondern als demokratische Regierung ihr Tun vom Wähler überprüfen und bestimmen lassen. Die Wähler sind damit aber ... überfordert. Sie können es nicht und – vor allem – sie wollen es nicht.

    Würde sich die Politik auf das Niveau der Kenntnisse der meisten Wähler beschränken, würde die Gesellschaft zum Geisterschiff. Hält sie sich aber an die wirklichen Probleme in ihrer Komplexität, verselbständigt sie sich von den Wählern und hört auf,demokratische Politik zu sein.«

    »Die Lösung ist einfach und naheliegend: Für die Wähler wird der Teil der Politik ausgewählt, der unterhaltsam und von allgemeiner Bedeutung, vor allem aber für die Imagebildung der Parteien und Politiker wichtig ist. Der wird vor dem geneigten Publikum in den Medien inszeniert und zelebriert.Das ist die symbolische Politik«

    »Das korrekt eingehaltene formale Verfahren verschafft Legitimität, nicht dessen Inhalt.«

    »Hinter der alles beherrschenden und alles verdeckenden Fassade der symbolischen Politik läuft das ... Geschäft der praktischen Politik.«

    Nachzulesen auf der Webpräsenz der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung: PDF-Datei, s.a.: jw

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