Sonntag, 3. August 2008

Essen in der NVA

Essen war nach meiner Erfahrung ein eher trauriges Thema.

Es gab bei uns zwar 3 Kantinen:
1) Soldaten, Unteroffiziere auf Zeit
2) Berufssoldaten (BU, Fähnriche, Offiziere)
3) Stabsoffiziere bzw. ab Major

Das Essen war gleich, nur das Ambiente verbesserte sich Hirarchisch. In der Kantine 3 gab es sogar Tischdecken! Der Vorteil der getrennten Kantinen lag im dienstliche "Tischgespräch", oft die einzige Möglichkeiten mit anderen Bereichen zu kommunizieren. Auch brauchte man sich nicht in der Menge der Soldaten anzustellen. Es gab einen weiteren praktischen Aspekt: Essengeld. Soldaten und UaZ waren "in der Verpflegung", mußten somit beim Essenfassen nicht extra bezahlen. Berufsoldaten hatten dagegen die Möglichkeit - die alle nutzten - sich statt dessen das Verpflegungsgeld auszahlen zu lassen, das waren immer so 115,- Mark im Monat. Allerdings mußte dann natürlich das Mittagessen, ggf. Frühstück bezahlt werden.

Erläuterung: "Die Selbstverpflegung ist eine Form der Verpflegung, bei der anstelle der Truppenverpflegung die festgelegte finanzielle Norm als Verpflegungsgeld an die Armeeangehörigen (Selbstverpfleger) ausgezahlt wird."

Da wir Berufsoffiziere weder in der Dezentralisierung, noch Kantine die Möglichkeit hatten uns zu waschen, sahen wir immer (an den Händen) wie die Schweine aus. Aber die Arbeitskombi mußte vor Betreten der Dienstzone (Kantine) mit der Dienstuniform getauscht werden! Also schicke Uniform, mit Schlips, aber dreckig.

Da die Dezentralisationen oft viele Kilometer auseinander lagen, war Mittagessen ohne Moped, oder wenigstens Fahrad nicht zu schaffen (Privat-Auto war nur bei Alarm gestattet). Die Soldaten / UaZ fuhren mit dem Mannschafts-Lkw, aber hatten da ihr eigenes "Regime", so das Berufssoldaten diese Möglichkeit nicht nutzten.

Ganz traurig wurde das bei Alarmierungen bzw. Verlegungen auf andere Plätze: 24h ohne essen, waren die Regel, obwohl wir immer auf richtigen Plätzen, mit den entsprechenden Möglichkeiten lagen.

"Im Falle der dienstlichen Notwendigkeit bzw. bei Beeinträchtigung der Dienstdurchführung oder mangelnder Voraussetzungen für eine geregelte Esseneinnahme sind die Kommandeure der Truppenteile bzw. Leiter der Dienststellen verpflichtet, Berechtigte für Selbstverpflegung zur Teilnahme an der Truppenverpflegung anzuweisen."

Dummerweise, waren die Küchen naheliegend auf den Ansturm nicht vorbereitet, so das die Nahrungsmittel erst beschafft werden mußten. Bei Verlegungen kam noch die "Vergleichsmittelung" ins Spiel.

"Eine Vergleichsmitteilung erhalten Armeeangehörige, um die Teilnahme an der Truppenverpflegung bis zum genannten Zeitpunkt nachzuweisen. Sie wird ausgegeben bei: Versetzung in einen anderen Truppenteil; Kommandierung, wenn keine Verpflegungsversorgung durch Stammtruppenteil/-einheit erfolgt; Einweisung in eine medizinische Einrichtung der Nationalen Volksarmee oder der Grenztruppen der DDR; Einweisung in die Arrestanstalt eines anderen Truppenteils. Die Vergleichsmitteilung ist unmittelbar nach dem Eintreffen in der neuen Einheit beim Hauptfeldwebel abzugeben. Die Aufnehme in die Verpflegungsstärke und damit in die Truppenverpflegung ist nur gegen Vorlage der Vergleichsmitteilung möglich."

Oft war man auf die Großzügigkeit des Hauptfeldwebels, Bekannter auf dem fremden Platz oder sogar der eigenen Soldaten / UaZ angewiesen. Einen erfahrenen Berufssoldaten erkannte man deshalb bei Übungen daran, daß er seine Pistole "M" säuberlich und verbotenerweise im Spind eingeschlossen hatte und statt dessen eine Schlagersüßtafel in der Pistolentasche hatte. An diese Notreserve wurden nach 24h gegangen ....

In guter Erinnerung ist mir dagegen das bei Flugdiensten (=12h-Schicht) übliche und unentgeltliche 2. Frühstück ... klar, Bockwurst! Und "alle" Geschwader nannten sich deshalb scherzhaft "Bockwurstgeschwader". Im Herbst häuften sich zum 2. Frühstück jedoch oft die "Kaltschalen", da der Verpflegungsoffizier bereits Fleisch-und Wurstwaren für den zu erwartenden Winter sparen mußt ... klar, der Winterdienst! Wenn er den Jungs in der Winterschlacht, gegen Mitternacht Kaltschale serviert hätte ...

GOTO
http://home.snafu.de/veith/ordnung.htmh
http://home.snafu.de/veith/besoldun.htm
http://ddr-luftwaffe.blogspot.com/2015/01/so-schmeckte-es-den-genossen-in-der-nva.html

1 Kommentar:

  1. 24 h ohne Essen im Feld oder bei einer Uebung draussen wag man sich ja nicht mehr vorzustellen, ist ja aber dahingegen bei Ernstfällen und Einsätzen in Krisengebieten durchaus Gang und Gebe.

    Alexander von comparendo online

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