Montag, 28. Dezember 2009

Staatsverschuldung DDR

Bei der Bundesbank - "Fünfzig Jahre Deutsche Mark", Beck-Verlag München - heißt es zum Thema: "Die Zahlungsfähigkeit der DDR war 1989 zweifellos vorhanden. Allerdings hatte sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der DDR-Wirtschaft drastisch verschlechtert, wodurch längerfristig Finanzierungsprobleme des Schuldendienstes entstanden wären." Beachte: "zweifellos" und "wären".

Im Jahr 1989 betrug die "Nettoverschuldung der DDR gegenüber dem Westen" ca. 13 Mrd. US-Dollar, wobei allerdings selbst das Politbüro fälschlicherweise von 21 Mrd. US-Dollar ausging, da ihm die knapp 10 Mrd. US-Dollar Guthaben des Bereichs KoKo von Schürer und Schalck-Golodkowski im sog. Schürer-Papier unterschlagen worden waren. Den Nettoschulden standen die von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ausgewiesenen Guthaben der DDR von knapp 10 Mrd. US-Dollar gegenüber. Motto: "Liquidität geht vor Rentabilität".

"Schließlich führten erst die geänderte politische Situation in der Sowjetunion und die Perspektivlosigkeit in der DDR zu einer Ausreisewelle, die zur Bildung einer politischen Opposition und schließlich zum Protest der Massen, die das DDR-Regime von innen zu Fall brachten, und nicht etwa die Auslandsverschuldung der DDR."

Ich vermute, das läuft wie an der Börse: da entscheiden nicht die wirklichen Zahlen, sondern das, was die Leute "denken" ... so können u.U. selbst florierende Unternehmen durch Gerede in Not geraten. Und die DDR war zweifellos kein florierendes Unternehmen ... Wer in den 1980ern die Meinungsführerschaft in der DDR hatte ist auch bekannt. Über das "Warum" könnte vortrefflich diskutiert werden. In dem o.g. Buch, dessen Herausgeber die BRD - Bundesbank ist, gibt es auch andere interessante Hinweise, wie: "... die DDR ist also keineswegs in der Schuldenfalle erstickt" oder zu den Jahren 1983 und 1984 "... bundesverbürgten Milliardenkredite an die DDR, als sich die Verschuldungssituation der DDR am Euromarkt als Folge der Polenkrise zuspitzte." Und diese Kredite sind noch nicht einmal verfrühstückt worden, "Satt dessen ließ sie den Gegenwert als Guthaben bei westlichen Banken stehen."

Den Inhalt des o.g. Schürer-Papiers kann nachgelesen werden in "Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben?" von Siegfried Wenzel. Übrigens waren die paar Mark DDR - Schulden im "Erblastentilgungsfonds" gelandet + die sog. Kommunalen Altschulden + Hunderte Mrd. DM THA-Schulden + Zinsen. Eine "hübsche" Summe, wovon ein Miniteil vom "Urheber" stammen:

Der Erblastentilgungsfonds setzte sich 1997 wie folgt zusammen [1]:
DDR-Schulden [2] 27,3 Mrd DM
Währungsumstellung [3] 82,7 Mrd DM
"Treu"hand-Schulden [4] 204,6 Mrd DM
Wohnungsbau"schulden" [5] 28,5 Mrd DM

Der Anfangsschuldenstand des Erblastentilgungsfonds summierte sich danach per 31. Dezember 1996 auf rd. 343 Mrd DM. Damit bildeten die Schulden des Republikhaushaltes weniger als 8 Prozent des sog. Erblastentilgungsfonds, noch ohne dessen Zinsleistungen an die privaten Banken. "Infolge der weiterer Zuteilungen von Ausgleichsforderungen an Kreditinstitute und Außenhandelsbetriebe in den kommenden Jahren ist zur Zeit von einem Schuldenhöchststand des ELF [Erblastentilgungsfonds] Ende des Jahres 2000 (ohne Berücksichtigung von Tilgungen) von rd. 360 Mrd. DM auszugehen."


Fußnoten:
[1] Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 1998 (abgeschlossen am 22. August 1997; S. 38, Tz. 7.9), Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, PF 13 20, 53003 Bonn
[2] Schulden des Republikhaushaltes; Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds Ende 1994
[3] Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausgleichsfonds Währungsumstellung; Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds Ende 1994
[4] Verbindlichkeiten der Treuhandanstalt zum 1. Januar 1995
[5] Altverbindlichkeiten von Wohnungsbauunternehmen der ehemali gen DDR nach dem Altschuldenhilfegesetz

Weiterführende Informationen zur Zahlungsbilanz der DDR 1975 bis 1989:
http://www.bundesbank.de/download/presse/publikationen/zahlungsbilanz_ddr.pdf

Und zur Frage "War die DDR wirtschaftlich unterlegen?":
http://www.schattenblick.de/infopool/geist/history/ggwir010.html

3 Kommentare:

  1. Um das Immobilien-"Vermögen" der DDR abzuschätzen, genügte der Rundgang durch einen beliebigen Innenstadtbereich eine Querstraße vom Markt- oder Rathausplatz entfernt.
    Spekulanten mit Ost-immobilien nach der Wende erzielten in der Regel keinen Gewinn, sondern Verlust. Hier wurde nicht Volksvermögen verschleudert sondern Investoren wurden Ruinen aufgeschwatzt.

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  2. Hier ging es um "Schulden", nicht "Vermögen" und gar "Ost-Immobilien". Aber bitte schön:

    Es ist stets entscheidend, wann und aus welchem Anlaß man Vermögen bewertet. Da die Zukunft immer offen ist (soviel sollten wir alle 1990 gelernt haben), ist das DDR-Vermögen sachlich zwischen 900 Mrd. (Luft) und 1,3 Bill. (Modrow) zu bewerten. Ja und wer hat das DDR-Vermögen kassiert?

    Von diesem Vermögen gingen ca. 400 Milliarden an westdeutsche Unternehmen, Banken etc. sowie mind. 250 Mrd. an den Bund und mind. 100 Milliarden DM in Form von "Rück"übertragungen" an westdeutsche "Alteigentümer .... macht rd. 60 % in westdeutsche Hand. Ja, ich will wissen wohin mein Volksvermögen hin ist. Und daher wird verschleuert auf Teufel komm raus.

    Vorsorglich: Die BRD Brutto-Transfers ins Protektorat (auch Beitrittsgebiet genannt) wurden offiziell in der Summe mit 1,2 Bill. bewertet. Nun gibt es auch Zahlungen (z.B. Kfz-Steuer) von Ost nach West die gegengerechnet werden müßten ... noch ohne "Reperationsproblematik"! Die "Nettotransferleistungen", beinhalten z.g.T. "normale" soziale Transferleistungen - die es auch im Westen gibt - UND gehen zu 40 Prozent nach (West-) Berlin. So hatte das IWH, die tatsächlichen Leistungen für den "Aufbau Ost" in 2004 mit lediglich mit 130 Mrd. beziffert ... heiß nur rd. 10% vom offiziellen Geblubbere UND vom DDR-Vermögen!

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  3. [finanziellen Verpflichtungen der DDR in Höhe von gut 170 Milliarden Euro]

    »Zwar steckten die Bundesregierungen seit 1995 Haushaltsmittel, Teile des jährlichen Bundesbankgewinns, die Erlöse aus der Versteigerung von UMTS-Mobilfunklizenzen sowie Zahlungen der Länder in den Fonds, damit kamen aber alles in allem nur etwa 85 Milliarden Euro zusammen. Interessant ist nun, was mit den übrigen 85 Milliarden Euro geschah: Sie wurden über den Bundeshaushalt abbezahlt, indem dort einfach neue Kredite in gleicher Höhe aufgenommen wurden.

    Formal betrachtet bedeutet das: Der Erblastentilgungsfonds ist getilgt - allerdings um den Preis, dass ein großer Teil der Verpflichtungen nicht etwa zurückgezahlt, sondern nur umgeschuldet wurde und dem Finanzminister nun an anderer Stelle zur Last fällt.«
    17. Mai 2010, Süddeutsche.de

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