Einer der ersten Artikel der über den Swinemünde - Konflikt zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen berichtete, wird wohl der in der Zeitschrift "Deutschland-Archiv" (5/2001) sein. Titel: Die SED im Drang nach Osten? Autor Burkhard Olschowsky, Berlin
Problem vor Swinemünde: Bei 3 Meilen durchschipperten polnische Frachter bereits DDR-Hoheitsgebiet, weil die Fahrrinne in nordwestlicher Richtung angelegt war. Dies war noch kein Problem. Anders nun im neuen Fischereirecht. Aus dem verbrieften Recht für freien Zugang zu Häfen Stettin, Sinemünde praktizierte Polen auch die volle wirtschaftliche Nutzung, sprich Fischerei in der 12 - Meilen -Wirtschaftszone der DDR. Und zwar immer weiter westlich mit Verlauf der Fahrrinne incl. Gebiet der Reede. Folge, deutsche und polnische Fischer kamen ins Raufen. Polen begann wohl, ihre Fischer mit Kampfschiffen zu sichern und die DDR tat wohl ähnliches. Es soll Abrängen, Rammen und auch Warnschüsse gegeben haben.
Im besagten Artikel soll in 1986 von drei, 87 von zehn und 88 von drei " Zwischenfällen" die Rede sein. Es wurden dabei Schiffe in DDR-Häfen geschleppt und mit Ordnungstrafen belegt , aber auch fast gerammt.
ZITAT "Für die Polen dagegen war die rechtliche und faktische Abkopplung der Häfen Swinemünde und Stettin vom offenen Meer gänzlich inakzeptabel. Sie stützte sich dabei auf das Potsdamer Abkommen und den Görlitzer Vertrag von 1950 und erklärte kategorisch, dass es keine Regelungen zu den anderen Themen gebe, solange nicht der Zugang zu den Häfen geklärt sei. Das polnische Außenministerium verfolgte das Ziel, die Nord-Fahrrinne und die beiden Ankerplätze durch eine Grenzverschiebung aus dem Territorialgewässer der DDR auszugliedern."
Auf der Website der "Deutsch-Polnische Gesellschaft Brandenburg" gibt es einen Artikel, der aus polnischer Sicht unter der Überschrift "Der Streit um die Rinne" sehr umfassend Stellung nimmt: http://www.dpg-brandenburg.de/nr_8_9/stettgaz.htm.
Ich würde nach der Lektüre zusammenfassen sagen, die Position der DDR war völkerrechtlich ok, wobei die polnische Seite offenbar gepennt und "diplomatische Fehler" gemacht hatte. Im Rahmen der zunehmenden innenpolitischen Krise des polnischen Staates, wurden immer mehr die Spannungen angeheizt und gezielt provoziert, um doch noch eine für Polen günstig Lösung zu erreichen.
So wurden »wurden polnische Segler von der Führung des Polnischen Seglerverbandes zum Befahren der DDR-Territorialgewässer ermuntert. Der Verband handelte in Absprache mit den Staatsorganen: brutale Angriffe auf wehrlose Jachten sollten die DDR als Aggressor hinstellen, dem jedes Mittel recht ist ... Im Januar 1986 befahl der Befehlshaber des polnischen Grenzschutzes das Patrouillieren vor einem großen Teil des [umstrittenen; Veith] Ankerplatzes. Einheiten der in Swinemünde stationierten 8. Küstenschutzflotte, die für die Sicherheit der westlichen Seegrenze verantwortlich war, überwachten stets den Punkt A/13, wo die umstrittene Zone begann. Polnische Schiffe, die sich zu Seeübungen begaben, wichen immer von ihrem Weg ab, um diese Zone zu überqueren. "Die Deutschen flogen und fuhren kleinere Einsätze dorthin, ...."«
Mithin wurde durch die DDR mit Schiffen und Flugzeugen gehandelt, aber über Gewaltandrohung gegen Schiffe passierte wohl nichts. Gegen Fischereiboote soll es 2x Warnschüsse gegeben haben.
Die UdSSR hielt sich bereits aus der Streitigkeit heraus, man wollte bloß Rücksicht auf ein militärisches Seekabel. Im Frühjahr 1989 kam es endlich zu einer Kompromißlösung, die die Polen als für sich vorteilhaft verbuchten. In Hinblick auf die weiteren Ereignisse kann man dem nur zustimmen. Beim "Verband für internationale Politik" heißt es dazu zusammenfassend: »Nachdem die Seerechtskonferenzen der Vereinten Nationen die Möglichkeit der Ausdehnung der Territorialgewässer der Staaten auf 12 Seemeilen eingeräumt hatten, machten zunächst Polen am 17. Dezember 1977 und die DDR einige Jahre später, am 25. März 1982, davon Gebrauch. Hinsichtlich der zu beanspruchenden Gebiete kam es zu einer Überschneidung und für einige Jahre zu dem "Streit in der Oderbucht". In langen Verhandlungen gelang es beiden Seiten, einen Kompromiß zu finden. Am 22. Mai 1989 wurde der Vertrag über die Abgrenzung der Seegebiete zwischen beiden Ländern in Berlin unterzeichnet. Mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 13. Juni 1989 in Warschau trat der Vertrag in Kraft. Zur Bedeutung dieses Vertrages stellte Hermann Schwiesau fest: "Im Lichte der folgenden Ereignisse ist festzustellen, daß die Grenzziehung zwischen der DDR und Polen in der Oderbucht das Zustandekommen des Zwei-plus-Vier-Vertrages zweifellos erleichtert hat, da die Grenze DDR-Polen in allen Abschnitten unstrittig und damit das Territorium, auf dem sich die Wiedervereinigung Deutschlands vollzog, eindeutig bestimmt war."«
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Vorlage des Ministerialdirektors Teltschik an Bundeskanzler Kohl
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