Sonntag, 21. Februar 2010

Aus der Geschichte der 43. FRBr ( Folge 7 )


Vorbemerkung :
Auch diesmal sind wir noch in Retschow ... an dieser Stelle ein Dank an die Ehemaligen aus dieser Fla - Raketenabteilung, die unser Projekt " 50 Jahre Garnisonsort Sanitz " durch Ihre Zuarbeit in Form von Erinnerungsberichten bisher begleitet haben und es auch sicherlich weiterhin tun werden. Ein Dank nicht nur anläßlich des nahenden " 01. März ", sondern auch für ihre Haltung zur eigenen Lebensgeschichte und zur Geschichte allgemein. Also Jungs, weiter so ! Anbei der Beitrag von Wolfgang Spanke, als Unteroffizier und Kassenleiter der Abteilung nach Retschow versetzt, später Hauptfeldwebel, zuletzt Stabsfähnrich und Leiter des Med.Punktes der FRA 4334 in Kirchdorf / Insel Poel. Nach 25 Dienstjahren dann 1987 die Versetzung in die Reserve.

Quellennachweis : Erinnerungsbericht W. Spanke

" Erinnerungen an die Zeit der Gründung des Fla - Raketenregiments 18 mit den Abteilungen in Abtshagen, Barth, Hinrichshagen und Retschow :

am 01.09.1961 gehe ich nach Beendigung meiner Lehre als Bankkaufmann bei der Deutschen Notenbank Rostock als Freiwilliger für 2 Jahre zur NVA. Damals ahnte ich noch nicht, dass zu diesen 2 Jahren noch weitere 23 Jahre dazu kommen sollten ... Ersteinmal heißt es aber, die Grundausbildung in Oranienburg zu bestehen und sich in und mit den ungewohnten Bedingungen eines militärischen Lebens zurecht zufinden. Wir sind " Kursanten ", untergebracht sind wir zwar im Schloß, das war es dann aber auch schon. Im Oktober 1961 ist es geschafft, nun stehen die Versetzungen zu den unterschiedlichen Truppenteilen an. Eine rechte Vorstellung, wohin es geht, hat aber keiner von uns. Ein Soldat, der als Schreiber des Hauptfeldwebels eingeteilt ist, gibt uns einen Hinweis auf seine Beziehungen : er sagt, er könne Einfluß darauf nehmen, wohin wir versetzt werden sollen.
Und schlägt uns auch prompt vor, in das LAR - 12 zu gehen, in das seiner Meinung nach " Luftabwehr - Regiment 12 ". Daraufhin lassen sich einige - unter anderem auch ich - für dieses Truppenteil eintragen. Erst im Nachhinein erfahren wir, dass es sich um das " Lehr - und Ausbildungsregiment 12 " in Pinnow bei Angermünde handelt.

In Pinnow angekommen, werden wir in der Wachkompanie eingesetzt. Angedacht ist der Einsatz in dieser Kompanie für den Zeitraum von ca. 1 / 2 Jahr. Im Grunde genommen, ist die Aufgabe für uns " Neulinge " überschaubar und der Dienst " normal ".... wer sich keine Verstöße leistet, kann regelmäßig alle 4 Wochen in VKU fahren, also in verlängerten Kurzurlaub. Für mich ist die Zeit jedoch schon bald vorbei - nicht dass ich Mist gebaut hätte ! Der Kommissar " Zufall " spielte eine Rolle : ich war auf Wache und hatte als KdP ( Kontrolldurchlaßposten ) die Aufgabe, die zum Dienst eintreffenden Offiziere / Berufssoldaten an Hand des Ausweises zu kontrollieren. Unter ihnen auch ein mir nicht bekannter Hauptmann, den ich um den Diensstellenausweis bat. Er fragte mich, ob ich ihn nicht kenne und sagte, er hätte eigentlich als Stabschef eine Meldung von mir erwartet. Es war also Hptm. Leskien, SC des LAR - 12. Ich muß wohl etwas dumm aus der Wäsche geguckt haben ... Jedenfalls fragte er mich, wie lange dabei, woher, welchen Beruf usw. Als ich sagte, ich sei Bankkaufmann, erhielt ich die Order, mich um 09.00 Uhr bei ihm auf seinem Dienstzimmer zu melden !

Ich melde mich dann auch und erfahre im Gespräch, dass geeignete Leute gesucht werden, die in einem neugegründeten Regiment als Kassenleiter eingesetzt werden sollen. Bereits nach kurzer Zeit stimme ich zu, auch deshalb, weil ich in die Nähe meiner Heimatstadt Rostock kommen würde. Eine Längerverpflichtung auf 4 Jahre nehme ich in Kauf. Dass dieses Regiment das noch aus Geheimhaltungsgründen FR - 18 genannt sein sollte, erfuhr ich erst viel später. So begann mein Einstieg in das Fla - Raketenregiment 18, das später zur 43. Fla - Raketenbrigade erweitert wurde. Meine gesamte 25 - jährige Dienstzeit habe ich in diesem Truppenteil verbracht ...

Aber ersteinmal heißt es lernen : in einem Art Kurzlehrgang in Pinnow werden wir für unsere Funktion als zukünftige Kassenleiter der Feuerabteilungen vorbereitet, insgesamt sind wir 4 Mann. Ich weiß inzwischen auch, dass ich zum Standort RETSCHOW, Kreis Bad Doberan, versetzt werde. Noch in Pinnow, besteht meine erste Aufgabe darin, ein Konto für die diese Dienststelle bei der Deutschen Notenbank in Bad Doberan einzurichten und zu eröffnen. Über dieses Konto sollte dann der gesamte Zahlungsverkehr der 4. Abteilung abgewickelt werden. Ich muß jetzt also öfters zwischen Pinnow und Bad Doberan pendeln, was zwar auf Grund der Fahrerei und Umsteigerei etwas nervig ist - aber auch eine gute Seite hat. Da die Zugverbindung immer über Rostock geht, kann ich hin und wieder schon mal 1 - 2 Tage zu Hause bei Muttern und mehr in Rostock verbringen, ohne gleich in den Verdacht einer " UE " ( unerlaubten Entfernung ) zu kommen ...

Im Januar 1962 wird es dann ernst - Versetzung nach RETSCHOW. Es geht folgendermaßen ab : kleines Handgepäck & Waffe, mit dem Zug von Angermünde nach Rostock / Bad Doberan, danach 6 km Fußmarsch auf der Landstraße Richtung Retschow. In einem bestimmten Waldstück soll die Dienststelle sein - nur, es ist inzwischen stockdunkel. Nach einiger Zeit finde ich es endlich, das A - Objekt, in dem sich die Unterkünfte für die Soldaten, die verschiedenen Arbeits - und Dienstzimmer incl. meiner Kasse befinden .... Das sogenannte B - Objekt, die Feuerstellung, in ca. 1,5 km Entfernung gelegen, ist Anfang des Jahres 1962 noch nicht fertig. Aus diesem Grund ist der überwiegende Teil des Personalbestandes der 4. Abteilung im ganzen Regiment verstreut, hauptsächlich in Barth, aber es sind auch welche in Hinrichshagen bzw. Abtshagen zu finden. Für meine Tätigkeit als Kassenleiter, inzwischen vom Kanonier gleich zum Unteroffizier ernannt, hat das konkrete Auswirkungen in diesen ersten Monaten : denn neben den normalen finanztechnischen Abläufen, wie sie in jedem Betrieb üblich sind, besteht meine Aufgabe auch darin, die Dienstbezüge der Soldaten / Unteroffiziere / Offiziere in bar auzuzahlen - entweder an die jeweiligen Hauptfeldwebel bzw. auch an die Armeeangehörigen direkt ! Denn es ist zu diesem Zeitpunkt generell so festgelegt, dass die Auszahlung persönlich zu erfolgen hat. Überweisungen usw. nicht möglich ... D.h., man kann sich ungefähr vorstellen, wie so ein Zahltag abläuft : früh um 07.00 Uhr das vorher rechtzeitig bestellte Geld bei der Bank in Bad Doberan abholen, dann zurück zur Dienststelle nach Retschow, Auszahlung der Dienstbezüge. Danach Aufteilung des Geldes gemäß der von den Hauptfedwebeln zu erarbeiteten Dienstbezüge - Listen nach Abteilungen / Kompanien - und Abfahrt zu den einzelnen Standorten. Die volle Kasse mit Bargeld, der Kassenleiter, eine Begleitperson, alle mit MPi, ein LKW SIL 157 mit Kraftfahrer ...und los geht's früh quer durch den Bezirk Rostock, um pünktlich in den Abteilungen zu sein. Die genannten Listen der Dienstbezüge wurden vorher von mir geprüft und waren die Grundlage der Bargeld - Bestellung bei der Deutschen Notenbank.

Eine Besonderheit gab es in dieser Zeit noch : bis zur Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht im Frühjahr 1962 bestand die Möglichkeit, sogenannte " SPARMARKEN " zu nutzen. In der Regel lief es ungefähr so ab : die Hauptfeldwebel in den Ausbildungs - Kompanien machten den neuen Soldaten " klar ", dass es günstig wäre, einen bestimmten Betrag der Dienstbezüge zu sparen ...
Ein neueingestellte Soldat erhielt Dienstbezüge ( Wehrsold gab es erst mit der Einführung der Wehrpflicht ) in einer Höhe von 300,00 Mark Brutto, davon wurden 10 % sogenannter SV - Beitrag abgezogen. Abzüglich dieses Sozialversicherungsbeitrages SV machte das also unterm Strich 270,00 Mark Netto und war in dieser Zeit ein relativ guter Verdienst, zumal für Verpflegung / Unterkunft usw. keine Kosten anfielen. So war es nicht verwunderlich, dass ein Großteil der Soldaten spontan auf diese Möglichkeit des Sparens einging und einen bestimmten Betrag dafür vorsah. In der Regel zwischen 50 - 100 Mark. Hier die etwas eigenartige anschließende Verfahrensweise : den vorgesehenen Geldbetrag erhielt der Soldat in Form dieser bereits genannten " SPARMARKEN " übergeben, die dann in ein eigens dafür bestimmtes Heftchen eingeklebt und beim nächsten Urlaub bei der Sparkasse des Heimatortes abgegeben und dort auf einem Sparbuch gutgeschrieben wurden. Aus heutiger Sicht eine schwer verständliche Technik des Sparens. Aber, man muß sagen, wir kamen damit bestens klar !
Ein manchmal recht profitabler Nebeneffekt für die echten Sparer war außerdem :
sie kauften " SPARMARKEN " von anderen Mitstreitern auf, wenn diese Bargeld brauchten - natürlich mit einem Aufpreis, der um die 20 % und mehr betrug ...

Mit der Fertigstellung des B - Objektes und der Rückkommandierung von Technik und Personalbestand aus den bisherigen " Gast " - Abteilungen nach Retschow normalisierte sich der Dienstbetrieb und das " Zigeunerleben " des herumreisenden Kassenleiters hatte ein Ende. Die Rückwärtigen Dienste waren ja von Anfang an in Retschow geblieben, die entsprechenden Verträge mit den Lieferbetrieben waren abgeschlossen und gewährleisteten ab nun die Sicherstellung des gesamten Personalbestandes der Abteilung.
Soweit einige Gedanken zu den Anfängen eines neu geschaffenen Regiments, in und zu einer Zeit, in der tatsächlich auf jeden Einzelnen Verlaß sein mußte, trotz vieler Mängel, Unzulänglichkeiten oder schwierigen Bedingungen. Und viele von diesen Ehemaligen der ersten Stunde haben ihre 2 - bzw. 4 - jährige Dienstzeit danach um ein Vielfaches verlängert ... " Fortsetzung folgt.

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