Freitag, 15. Juni 2012

Herr Niebel und sein fliegender Teppich

Bei heutigen Politiker-Skandalen, vom Einkaufschip über Poolbaden mit Gräfin bis zur Doktorarbeit, frage ich mich schon lange nicht mehr, was der jeweilige Politiker getan habe, sondern nur, warum er jetzt "dran" ist.

Im Fall des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, ist die Frage wohl müßig, da er - wenn ich Wikipedia glauben darf - vielen Menschen "auf die Füße getreten" ist. Die interessanteste Erklärung wäre noch, daß es den in China massiv involvierten bundesdeutschen Firmen nicht paßte, daß er die Entwicklungshilfe für die Volksrepublik China mit der Beendigung der laufenden Programme auslaufen lassen wollte / auslaufen läßt.

Lustig an der Affäre ist, daß der Initator offenbar keine Ahnung vom Zollrecht hatte. Tatsächlich unterlag der in der BND-Maschine, mit dem Rufzeichen D-AZEM, am 20. Mai 2012 eingeflogene Teppich nicht der Verzollung. Grund ist der Art. 11 Abs. 1 i.V. mit Anhang 1 der VERORDNUNG (EG) Nr. 732/2008 DES RATES vom 22. Juli 2008 (Zollpräferenzen, Sonderregelungen für die am wenigsten entwickelten Länder). Demnach werden die Zölle u.a. für Afghanistan vollständig ausgesetzt ... aber auch nur, weil die Gültigkeit o.g. Verordnung - über ihre ursprüngliche Befristung bis zum 31. Dezember 2011 hinaus - nunmehr bis zum 31. Dezember 2013 verlängert wurde.

Bleibt noch die zu zahlende Einfuhrumsatzsteuer i.H. von ca. 200 EUR ... ich würde anstelle des Anwaltes von Herrn Niebel mal in den § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz schauen, demnach gelten die Vorschriften für Zölle entsprechend. Vielleicht sind noch nicht einmal die 200 EUR wirklich fällig :-D

Links:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/niebel-und-sein-teppich-dossier-des-bnd-belastet-fdp-minister-a-838862.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Dirk_Niebel
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:211:0001:0039:de:PDF
http://eur-lex.europa.eu/Notice.do?val=573678:cs&lang=de&list=573678:cs,&pos=1&page=1&nbl=1&pgs=10&hwords=&checktexte=checkbox&visu=#texte

update (16.06.2012):
»Der Transport von Niebels Teppich sei eine BND-Idee gewesen. Das lasse sich nur so erklären, dass eine Mitarbeiterin 'ein persönliches Kennverhältnis' zu einem Referenten des Ministeriums habe, 'das ich nicht beurteilen kann (Helfersyndrom)'« (Süddeutsche).

2 Kommentare:

  1. Der liebe Herr Politiker bietet auch eine echte Steilvorlage für super Satire ;) : http://lustich.de/bilder/menschen/niebel-und-der-teppich/

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  2. "Am 19. September 1939 wurde Wehrmachtsgut von Einfuhrzöllen, Verbrauchssteuern und damit auch von der handelsstatistischen Erfassung freigestellt. Und im August 1940 wurde diese Zollbefreiung in einem vertraulichen Erlaß auf alles ausgedehnt, was sich als »Rüstungsgut« deklarieren ließ, von einer »eingehenden Zollbeschau« sei abzusehen. Alles, was der deutsche Soldat für sein Vaterland und für die Lieben zu Haus im Feindesland zusammenplünderte, konnte unerfaßt am Zoll und damit an der Außenhandelsstatistik vorbei."
    junge welt vom 20.06.2012 mit Blick auf die letzten Wahlen in Griechenland

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