Sonntag, 26. Juni 2011

Mauerbau oder Krieg?

Dieser Frage widmen sich zwei höchste DDR - Militärs, Armeegeneral Heinz Keßler und Generaloberst Fritz Streletz, in ihrem Buch "Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben".

Obwohl der Buchtitel die Antwort bereits vorwegzunehmen scheint, fällst sie deutlich differenzierter als erwartet aus und auch etwas anders als ich bisher meinte.

Anlass für das Buch scheinen in Moskau nun entdeckte und veröffentlichte Dokumente sowie ein Interview eines Vertreters des Institutes für Zeitgeschichte mit Generaloberst Mereschko, welches auf der Website der "Bundeszentrale für politische Bildung" veröffentlicht und auch im Anhang des Buch wiedergegeben wird. Diese bestätigen offenbar die Aussagen der Autoren vor BRD - Gerichten, die diese Militärs u.a. für den "Mauerbau" für Jahre ins Gefängnis schickten:

Die Verantwortung für die Sicherung der Staatsgrenze gegenüber Westberlin trug die UdSSR.

Wichtig ist an diesem, in der "edition ost" erschienen Buch, daß es den Autoren auf insg. 220 Seiten gelingt, die Ereignisse vom "13. August 1961" in ihren historischen Zusammenhang einzubetten, deutlich zu machen, daß der sog. Mauerbau weder der Anfang der deutschen Spaltung noch Schlußpunk des Kalten Krieges war. Ein sichtbarer Höhepunkt, zweifellos. Die Autoren verzichten auf die Darstellung des Ablaufes der Grenzsicherungsmaßnahmen und verweisen dazu auf "Die Grenzen der DDR".

Für mich neu und aufschlußreich, ist der vollständige Abdruck einer 28seitigen Niederschrift "des entscheidenden Gespräches" zwischen Chruschtschow und Ulbricht am 1. August 1961. Für mich ergibt sich nach der Lektüre des Buches und insbesondere jener Niederschrift folgendes:

* Ausschlaggebend für die Grenzsicherungsmaßnahmen war die ökonomische Lage der DDR. Geschwächt durch Kriegsfolgen und Reparationen, von Embargomaßnahmen des Westens laufend gestört und gezielt ausgeblutet durch Abwanderung junger Fachkräfte und sog. Grenzgänger, gelang es ihr nicht, das wirtschaftlich attraktivere Deutschland zu sein.

* Die Gefahr eines inszenierten Aufstandes, wie am 17. Juni 1953, wurde für den Herbst 1961 als gegeben angesehen. Allerdings wurde ihm keine Chance auf Wirkung in der Fläche gegeben, aber "Aktionen, die uns international großen Schaden zufügen können." Insbesondere hatte der "17. Juni" gezeigt und Geheimdienstinformationen sprachen dafür, würde vom Westen keine militärische Unterstützung erfolgen, um eine Auseinandersetzung mit der UdSSR zu vermeiden.

* Eine reale Kriegsgefahr ergab sich 1961 jedoch aufgrund der ungelösten Deutschland- und Berlinfrage. Die Sowjetunion hatte sich mehrfach konkret bemüht einen Friedensvertrag mit Deutschland abzuschließen, was am Widerstand der Westmächte scheiterte. "Deutschland" war im Feuer des zweiten Weltkrieges untergegangen, es hätte mit den beiden deutschen Staaten verhandelt werden müssen, was ansatzweise erst 1990 geschah. Daher waren viele konkrete Frage, insbeondere zum Berlinstatus ungelöst.

Mit dem Mauerbau und der Zusicherung des ungehinderten Zugangs der westlichen Besatzungstruppen zu ihren Verwaltungssektoren in Westberlin, war die Krise insoweit entschärft und der Frieden sicherer geworden. Er schuf die Voraussetzungen für den "Moskauer Vertrag", das "Vier-Mächte-Abkommen", den "Grundlagenvertrag" und die militärische Entspannung in Europa.
Der Mauerbau sicherte Europa den Frieden, erst als sie gefallen war, konnten wieder Bomben in Europa fallen. Daher abschließend dieses Zitat aus dem Buch:

Die NVA "kann für sich in Anspruch nehmen, dass sie nie an kriegerischen Handlungen beteiligt war. Nicht ein Soldat der Streitkräfte der DDR wurde zu Kriegseinsätzen ins Ausland geschickt" (S. 87).

"Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben" (Broschiert)
edition ost, 220 Seiten
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Ein ausgezeichneter Artikel zum Thema "Mauerbau" unter dem Titel "Berliner Mauer, Geschichtsrevisionismus und Siegerjustiz" von Hans Fricke, findet sich hier:
http://www.schattenblick.de/infopool/geist/meinung/gmze0008.html

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