Samstag, 7. Januar 2012

Atomreaktor in Wannsee

Obwohl der Atomreaktor in Wannsee weder gegen Flugzeugabstürze oder Terroranschläge gesichert ist, wird er wieder hochgefahren:

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/helmholtz-zentrum-kein-schutz-gegen-abstuerze,10809148,11395518.html

... denn jetzt gibt es einen verbesserten Katastrophenplan.

Warum in diesem dicht besiedelten Gebiet überhaupt so ein Reaktor, der z.B. nur ein dünnes Dach und keine Betonsicherheitskuppel besitzt, gebaut wurde, erklärt vielleicht der Zeitungsartikel nebenbei: »Brennstoff ist seit den 80er-Jahren niedrig angereichertes Uran 235. Zuvor war atomwaffenfähiges Uran benutzt worden.« Das war vermutlich in der Bundesrepublik damals nicht möglich, nur in der "selbständigen politischen Einheit Westberlin".

Nun ja, die am Reaktor haben zumindest einen Bunker … und wir reagieren uns am "gefährlichen Fluglärm" ab.

Siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Experimentier-Reaktor

update (04.08.2013)
Der Atom-Reaktor hat einen Bestandsschutz bis 2020 erhalten, dies "hänge mit der Förderstruktur der Helmholtz-Gemeinschaft zusammen". Aber selbst, wenn sich die "Förderstruktur" nicht zwischenzeitlich wieder ändert, bleibt die Gefahr mindestens bis 2023 bestehen, da "die Brennstäbe noch rund drei Jahre zum Abklingen im Reaktor bleiben" (Tagesspiegel vom 25.06.2013).

7 Kommentare:

  1. Selbst das niedrig angereichertes Uran 235 ist nicht "ohne". So führte Frau Dr. Schreyer, als damalige Westberliner Senatorin für Stadtentwicklung und Umweltschutz vor dem Westberliner Abgeordnetenhaus am 30. mai 1990 aus:

    »In dem Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts werden Brennstäbe mit hoch angereichertem Uran 235, also waffenfähiges Material, verwendet. Diese Brennstäbe haben, wenn sie in das HMI kommen, eine Anreicherung von 89 bis 93 % und unterscheiden sich in dem Punkt gravierend von den Brennstäben, die in Kernkraftwerken benutzt werden, die nur eine Anreicherung mit U 235 von 4 % haben.

    Ein Teil des Urans 235 in den Brennstäben wird im HMI zur Gewinnung von Neutronen verbraucht, die abgebrannten Brennelemente enthalten danach noch eine Anreicherung von etwa 50 %. Diese bestrahlten Brennelemente sind in der Vergangenheit - auch von den anderen Forschungsreaktoren in der Bundesrepublik - in die USA zurückgeliefert worden. Dort wurden sie bisher nach unseren Erkenntnissen in der Anlage von Savannah-River für die Herstellung und Erbrütung von Tritium verwendet - also dem Material, aus dem moderne Atombomben hergestellt werden. Diese Erkenntnis ist in einem Gutachten festgehalten, das jetzt aber - wie das meistens bei Gutachten ist, deren Inhalt einem nicht paßt - erst einmal angezweifelt und als unseriös bezeichnet wird.
    Ich möchte dazu auf zwei Punkte hinweisen: nämlich erstens, daß es einen zivilen Brennstoffkreislauf für Brennstäbe für hochangereichertes Uran in den USA bisher nicht gibt, und zweitens, daß der Bundesforschungsminister in seiner Stellungnahme zu dem „Spieger-Artikel der Darstellung nicht widersprochen hat, daß das Uran 235 aus den bestrahlten Brennstäben -nicht nur aus dem Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts, sondern auch aus den anderen Forschungsreaktoren - für die Herstellung von Tritium für Atombomben verwendet wird. Er hat lediglich darauf hingewiesen, daß Kernwaffen-Staaten, die dem Nichtverbreitungsvertrag und dem Euratom-Vertrag beigetreten sind, das Material eigenverantwortlich verwenden können.
    Diese bisherige Verwendung für den militärischen Brennstoffkreislauf ist nach meiner Auffassung nicht eine schadlose Verwertung im Sinne des Atomgesetzes.«
    Quelle: [url="http://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&frm=1&source=web&cd=10&ved=0CGIQFjAJ&url=http%3A%2F%2Fcollections.europeanalocal.de%2Fmuradora%2FobjectView!getDataStreamContent.action%3Fpid%3Dzlb%3Aabg-Abge_Berl_1990_XI_30%26dsid%3DDS1%26mimeType%3Dapplication%2Fpdf&ei=na3ZT6-dOsvGswbK2uDICA&usg=AFQjCNGO1RucG6QbrPyMQlsS4Lhg92zNXQ"]Plenarprotokoll 11/30, S. 50f.[/url]

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  2. "Bei seiner Errichtung 1958 sollte er noch der Entwicklung und dem Bau einer deutschen Atombombe dienen. Doch die »Göttinger 18«, eine Gruppe prominenter Atomwissenschaftler, durchkreuzten diese Pläne, indem sie an die Öffentlichkeit gingen. Trotzdem wurde am Nuklearstandort Wannsee an der Kernforschung festgehalten und nebenbei immer in Richtung Fusion geforscht."

    "Von den drei noch verbliebenen Forschungsreaktoren ist der BER II der Reaktor, der am unzureichendsten geschützt ist, schon im Normalbetrieb die Gesundheit der Mitarbeiter und Anwohner am meisten gefährdet und von allen Forschungsreaktoren - einschließlich der schon stillgelegten - mit bisher 66 meldepflichtigen Ereignissen, davon 10 meldepflichtige Störfälle, Spitzenreiter ist ... Am Schutz für die Bevölkerung wird hingegen gespart. Das bemängelte der vom Ausschuß für Stadtentwicklung und Umwelt des Berliner Abgeordnetenhauses um ein Gutachten gebetene Physiker Wolfgang Liebert. Der Darmstädter Professor stellte fest, daß die Anlagensicherheit des Zehn-Megawatt-Reaktors auf dem Stand von 1973 stehengeblieben ist."

    NRZ vom 31.08.2012

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  3. »Auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums nahe der südwestlichen Stadtgrenze, nur einen Spaziergang von der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam entfernt, befindet sich auch die Zentralstelle für den gesamten radioaktiven Müll, der sich in der Hauptstadt anfällt ... In dem 320 Quadratmeter großen Raum stapeln sich 25 große gelbe Endlagercontainer und zahlreiche Fässer auf Hochregalen. Es ist die Zentralstelle für radioaktiven Abfall (ZRA) in Wannsee, eine Art Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll ... Jörn Beckmann, Leiter der ZRA, die ebenso wie der benachbarte Forschungsreaktor BER II vom Helmholtz-Zentrum betrieben wird, sieht Handlungsbedarf. „Von den 800 Kubikmetern Kapazität sind 650 belegt“, sagt er ... „Immerhin ist die Sammelstelle neben dem Forschungsreaktor eine zusätzliche Gefahrenquelle mitten im Wohngebiet“, sagt Kubala.«
    http://www.berliner-zeitung.de/berlin/10809148,20960350.htm

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  4. fefes-blog
    "Forschungsreaktor der TU München abgeschaltet. Begründung:

    Die Anlage FRM II musste vor sechs Wochen abrupt heruntergefahren werden und stand bis 6. Dezember still. Die Aktion war Insidern zufolge nötig geworden, nachdem während des Reaktorbetriebs so hohe Emissionen des radioaktiven Kohlenstoffs C-14 aufgetreten waren, dass eine Überschreitung des Jahresgrenzwerts drohte.

    Aber macht euch keine Sorgen, denn:

    Eine Gefahr für Forscher oder Anwohner bestand nicht.

    Nun klingt das ja nicht auf Anhieb gefährlich, wenn ein Reaktor gegen Ende des Jahres in die Nähe seiner Grenzwerte kommt. Aber:

    Für gewöhnlich würden Jahresgrenzwerte bei Atomreaktoren gerade mal zwischen fünf und zehn Prozent ausgeschöpft.

    Hups!"

    "Süddeutsche" vom 21.12.12

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  5. "In der Oktober-Ausgabe 2012 der Linkspartei-Zeitung Potsdams andere Seiten wird der BER II als »Deutschlands gefährlichster Atomreaktor« bezeichnet."

    "Ein Forschungsschwerpunkt des BER I war Salzschmelze in der Kerntechnik. Dahinter verbarg sich die Forschung für eine Wiederaufbereitungsanlage zur Abtrennung von Plutonium. Konzipiert wurde diese Aufgabe von der 1956 unter dem Vorsitz des damaligen Bundesministers für Atomfragen Franz Josef Strauß (CSU) gebildeten Deutschen Atomkommission. Zu diesem Zeitpunkt war Plutonium nur als Bombenstoff bekannt. Am 19. Dezember 1973 wurde der BER II, ein nach oben offener sogenannter Schwimmbadreaktor, mit der im Vergleich zum BER I wesentlich höheren Leistung von fünf Megawatt und waffenfähigem Uran als Brennstoff installiert. Mit ihm sollten auch geeignete Materialien für Kernreaktoren der Zukunft entwickelt werden, für den Schnellen Brüter und den Fusionsreaktor. Beide Reaktortypen sind für eine zivile Nutzung ungeeignet. Ein Schneller Brüter erzeugt mehr Plutonium als ihm spaltbarer Brennstoff zugeführt wird, ein Fusionsreaktor erzeugt Tritium. Beides sind Grundstoffe für die Herstellung von Atom- und Wasserstoffbomben.

    Zeitgleich mit der NATO-Raketenstationierung in Westeuropa 1983 wurden Pläne öffentlich, den Reaktor um die doppelte Leistung auf zehn Megawatt – das sind immerhin zehn Millionen Watt – zu erhöhen. Der Protest dagegen konnte zwar den von 1985 bis 1989 dauernden Ausbau nicht verhindern, erreichte aber eine Umstellung auf nicht waffenfähiges Uran. Die doppelte Leistung versprach eine zehnfach höhere Neutronenausbeute. Starke Neutronenstrahlen erlauben eine gezielte Suche nach Werkstoffen, die kaum strahlenanfällig sind. Diese Möglichkeit wurde von großen Konzernen der Atom- und Rüstungsindustrie wie Siemens und MBB Ottobrunn genutzt sowie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Dabei ging es auch um extrem strahlenresistente Elektronik. Sie wird benötigt, um die Überlebensfähigkeit moderner Waffensysteme in einem Nuklearkrieg zu garantieren."

    AUSZUG aus:
    http://www.jungewelt.de/2013/01-19/001.php

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  6. Keine Gefahr
    »2010 wurde BER II nach Angaben der Berliner Senatsverwaltung für Wartungsarbeiten planmäßig abgeschaltet. Dann wurde im Sommer 2011 ein Riss im Kühlsystem entdeckt; Medienberichten zufolge ein gravierender Sicherheitsmangel. Laut Betreiber kein Leck von Bedeutung, sondern lediglich eine Dramatisierung eines gekündigten Mitarbeiters ... Außerdem verbraucht der Forschungsreaktor laut Betreiber lediglich 2,5 Kilogramm Uran pro Jahr; Kernkraftwerke hingegen im gleichen Zeitraum etwa 1,5 Tonnen ... Der einzig mögliche Unglücksfall könne ein Flugzeugabsturz sein. Allerdings müsse dafür das Flugzeug direkt auf den Kern treffen, der unter der Erde liegt. Und das sei wiederum nahezu unmöglich. Wie über jeder kerntechnischen Anlage in Deutschland besteht über dem BER II ein eingeschränktes Flugverbot, was Terroristen im Ernstfall freilich wenig beeindrucken würde.

    Was im Falle eines Evakuierungsfalles zu tun ist, steht Schwarz auf Weiß in der Notfallbroschüre, die der Betreiber alle fünf Jahre an die Bevölkerung in der näheren Umgebung verteilen muss: "Ruhe bewahren". Und: ein Taschentuch vor den Mund halten, die Haustiere abduschen, selbst die Oberbekleidung ablegen und auf die Durchsagen der Lautsprecherwagen achten. An den Sicherheitsmaßnahmen hat sich in den vergangenen 50, 60 Jahren nichts geändert.«
    Das Parlament Nr. 14-15 / 2.4.2012

    Flugrouten
    »... kippte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Wannsee-Flugroute des künftigen Hauptstadtflughafens. Die Strecke führe zu nah am Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums vorbei, erläuterte das Gericht gestern. Das Risiko für einen Flugunfall oder einen terroristischen Anschlag sei vor Festlegung der Route nicht ermittelt worden. „Eine solche fallspezifische Risikoermittlung wäre notwendige Grundlage einer Abwägung gewesen.” Derzeit gebe es nur veraltete Risikobetrachtungen für den Reaktor.«
    MAZ vom 24.01.2013

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