Sonntag, 24. Juni 2012

Massen mobilisieren

Meine Lieblingszeitung "Das Parlament" hat z.Z. einen guten Artikel "Massen mobilisieren" online: http://www.das-parlament.de/2012/25-26/Beilage/001.html

Interessant finde ich den Versuch der Strukturierung und "Vereinigung" der verschiedenen Erklärungsansätze. Meine Zusammenfassung:

Zur Massenmobilisierung wird erstens eine quantitative Mobilisierung in Form von Massenauftritten und Massenaktionen benötigt (Power in Numbers). Allerdings lassen sich "eine Vielzahl von Menschen nur kurzzeitig und zudem nur für wenig aufwändige beziehungsweise wenig riskante Formen des Protests mobilisieren". Als zweites wird eine qualitative Mobilisierung benötigt. "Hier steht das intensive, riskante und/oder opferbereite Engagement [einzelner Aktivisten] im Vordergrund."

Bedingungen für Massenmobilisierung:
1. Vorhandensein eines Rohstoffs von negativen Gefühlen oder Wahrnehmungen (subjektive Eindrücke)
2. Eindruck, mit seinem Problem beziehungsweise Leid nicht allein zu stehen (kollektive Mobilisierung )
3. Massenproteste müssen initiiert und organisiert werden.
"Umfang und Zusammensetzung der Beteiligten an Massenprotesten werden nicht allein durch die Art des Anliegens, sondern ganz wesentlich auch durch das Bild bestimmt, welches sich potenzielle Teilnehmende von den Trägern des Protests, dem erwarteten Ablauf und letztlich auch der Resonanz des Protests machen."
4. Wahrnehmung, "dass für die anstehende Aktion günstige Rahmenbedingungen vorliegen".
5. subjektive Erfolgserwartungen

Obwohl der Autor des Artikels,  Dieter Rucht, sich eher auf aktuelle Ereignisse bezieht, lassen sich seine Ausführungen auch auf deutsche Ereignisse der Nachkriegszeit anwenden.

Beispiel: Putschversuch "17. Juni 1953"
Bei Anwendung der genannten Punkte auf die Ereignisse am 17. Juni 1953 wird klar, daß mit dem Einsatz der sowjetischen Kräfte Punkt 5, die subjektive Erfolgserwartung, entfiel. Die DDR war nach Eingreifen der Besatzungsmacht nur noch um den Preis eines Krieges mit der UdSSR zu haben ... das macht den wesentlichen Unterschied zur "Massenmobilierung" 1989 aus.
 
Beispiel: »Stuttgarter Vorfälle« vom 28. Oktober 1948
Hier "fehlte" eindeutig Punkt 3, jemand der Massenproteste hätte erfolgreich initiieren und organiseren können i.V. mit Punkt 5 einer Erfolgsaussicht / Alternative. Die notwendige ökonomische Potenz der SU / SBZ war nach dem verheerenden Krieg nicht gegeben.

2 Kommentare:

  1. Spannend: Es muß kein objektives Problem vorhanden sein!

    Ein gefühltes, subjektives, relatives "Problem" reicht aus ... wie heißt es so "schön": "Vertraue Deinem Gefühl!"

    Klar, weil wir beim "Gefühl" am anfälligsten für manipulationen sind.

    AntwortenLöschen