Dienstag, 18. Dezember 2007

Flugzeuge für Syrien

Vom 28. bis 31. Oktober 1973 leisteten Piloten und Techniker des JG-8 der syrischen Armee internationalistische Hilfe, um mitzuhelfen deren materiellen Verluste im Krieg gegen Israel auszugleichen. Meine bisherigen Erkenntnisse habe ich ==> hier <== verarbeitet. Nunmehr bekam ich einen Erlebnisbericht zugesandt, den ich vorab hier ungekürzt wiedergebe.
Meine Erlebnisse bei „Flugzeuge für Syrien“von Joachim

»Im Oktober 1973 so ab dem 20.10.1973 wurden die jeweils ältesten Mechaniker aller Fachgebiete Triebwerk / Zelle, Waffen und Funk / Funkmeß und Sitz / Dach und ich und noch drei Mitstreiter vom E –Spezial Trupp zu einer Sonderveranstaltung befohlen. Wir wurden sehr grob von der Sachlage informiert und fotografiert und bekamen einen Sonderausweis. Dieser kleine Kreis ausgewählter KRS –Mechaniker inkl. einiger Offiziere wurde einen Tag später in den Bereich der in Marxwalde angesiedelten Reg. Staffel gefahren. Dort hatte man einen Bereich geschaffen der extra mit einem Zaun, Wachposten und riesigen Tarnnetzen nach oben abgesichert war. Wir die wir erst unsere Werkzeugkisten aus der KRS geholt hatten mussten zwei von der Staffel angelieferte Maschinen anfangen zu demontieren. Als erstes wurde die Maschine aufgebockt und dann begannen wir mit den Arbeiten. Hier in groben Zügen beschrieben. Wenn mich nicht alles täuscht haben wir in zwei Gruppen gearbeitet und haben pro Schicht und Gruppe jeweils eine Maschine demontiert.
Heck ziehen - Triebwerk ziehen – Tragflächen demontieren – usw. und das ganze wurde dann auf den dazu gehörigen Transportgerätschaften unterhalb der Tarnnetze abgestellt. Nach dem wir nach drei oder vier Tagen 6 MIGs demontiert hatten kamen 8 als Zivilflugzeuge gekennzeichnete Militärtransporter der Freunde, meiner Meinung nach AN 12. Das Nationalitätskennzeichen der Sowjetstern am Heckleitwerk der AN 12 war einfach nur mit Alu - farbener Farbe überstrichen und an den Rumpfseiten hatte man mit einem großen Pinsel und roter Farbe zu Tarnung ziemlich krumm und schief einfach AEROFLOT dran geschrieben. Die Piloten hatten zwar Ihre Fliegerkombi an, aber darüber trugen sie Zivilklamotten. Wir mussten jeweils eine der 6 demontierten MIGs in eine Transportmaschine laden.

In die beiden übrigen Maschinen wurde alles für die 6 Maschinen benötige Bodengerät wie Leitern, Abdeckplanen, Schleppgeschirr usw. sowie die Zusatzbehälter und Waffenbehälter UB 16 und 32 und andere zu den Maschinen gehörende Träger und Ausrüstungen eingeladen. Natürlich konnten wir uns ausrechnen wohin die Maschinen gebracht werden sollten, aber trotzdem haben wir versucht das genaue Ziel zu erkunden und in der Pilotenkabine sind wir dann fündig geworden dort lagen die Landkarten mit der eingezeichneten Flugroute offen rum. Die Schilderung dieses Vorgangs auf der Seite DDR-Luftwaffe.de das alle 12 MIG 21 mit einmal abgeholt wurden ist nicht richtig . Bis hier live erlebt.

Den folgenden Teil kenne ich nur vom erzählen der Leute die mit in Syrien waren: Zusätzlich wurden vorab und an diesem Tag eine weitere Gruppe Personal bestehend aus Mechanikern , Offizieren und Piloten zusammengestellt die im Personaldienstgebäude auf dem Flugplatz mit Zivilklamotten neu eingekleidet wurden. Anschließend wurden diese Männer zu den ich leider nicht gehörte, und die übrigens alle verheiratet waren im Speisesaal eingewiesen und anhand einer Generalstabskarte vorinformiert wohin es ungefähr geht. Zwischenzeitlich wurden die 8 sowjetische AN-12-Transporter in Marxwalde von uns beladen. Die 8 AN 12 starteten dann gemeinsam in Richtung Süden und bei einer Zwischenlandung in Ungarn wurde dann das mitgeflogene Personal über das wirkliche Ziel, Aleppo in Syrien, informiert. Angekommen in Syrien begannen die Mechaniker nach dem Quartierbezug in einem Hotel sofort mit der Entladung der Flugzeuge und dem Zusammenbau der demontierten 6 Maschinen inklusive einfliegen durch die NVA Piloten. In der dort vorhandenen Halle erhielten die Maschinen einen wüstenfarbenden Tarnanstrich und syrische Hoheitsabzeichen.

Das alles geschah unter den Augen der Israelis die den Platz mehrfach angegriffen haben. Es soll sogar 1 oder 2 Verluste bei den Transportmaschinen gegeben haben. Zur gleichen Zeit waren auch Trupps der Tschechen und der UDSSR in gleicher Sache vor Ort. Gearbeitet wurde von früh morgens ca. 5:00 bis ca. 13:00 Uhr und dann war Freizeit angesagt um das Taschengeld auszugeben :-)

Wir die in Marxwalde blieben mussten derweil die nächsten 6 MIGs demontieren und wieder bereitstellen die dann nach wiederum 3 oder 4 Tagen von 8 Transportern nach dem selben Muster abgeholt wurden.

Der Rückflug der Gruppe wurde mit zwei Maschinen nach ca. 14 Tagen durchgeführt. Dieser ging laut der Leute die dabei waren im Gegensatz zum Hinflug ohne Umwege direkt übers Mittelmeer und nach Ihren Berichten wurden sie dabei von den Piloten der amerikanischen Mittelmeerflotte äußerst interessiert gemustert um nicht zu sagen belästigt. Die amerikanischen Jets flogen links und rechts nebenher und zeigten durch eine Längsdrehung auffällig oft ihre Waffen an den Flügelunterseiten.

Gerüchten zu Folge bekamen alle Teilnehmer die in Syrien waren den Orden der Waffenbrüderschaft und die Mechaniker angeblich 5.000 und die Offiziere angeblich 10.000 Mark??? Wir die in Marxwalde geschraubt hatten bekamen 7 Tage Sonderurlaub.«

1 Kommentar:

  1. Applaus für diesen Zeitzeugenbericht von "Joachim"!
    Nachdem in den letzten Jahren die Identitäten jener zwölf MiG-21 geklärt wurden, hier weitere Angaben: Der Spezialist für dieses Flugzeug schlechthin, Holger Müller, hat auf seiner Webseite www.mig-21.de weitere Details zusammengetragen. Demnach lieferten auch die CSSR und die VR Polen MiG-21 im Oktober 1973. Im Gegensatz zu den deutschen MiG-21M stellten die Polen ihre letzten verbliebenen zwölf MiG-21F-13, in Goleniow stationiert, zur Verfügung.
    Zur Kennzeichnung und den Markierungen der von Joachim beschriebenen, in Marxwalde gelandeten An-12 finden sich aufschlussreiche Angaben in der Chronik des 226. Selbst. Gemischten Fliegerregiments aus Sperenberg.
    Zitat aus "Sowjetische Fliegerkräfte Deutschland 1945-1994 - Flugplätze (Teil 2) und Truppenteile", Edition Freundt Eigenverlag, ISBN 3-00-002665-7, Diepholz 1998 auf Seite 44:
    "... Bis zu Beginn der 80er Jahre waren zumindest einige An-12 Mittelstreckentransporter des Regiments zur Tarnung mit Zivilkennzeichen versehen. (...) So erfolgte u.a. einige Tage nach Beginn des Jom-Kippur-Kriegs ein Einsatz des 226. OSAP aus Deutschland zu eiligen Transporten in den Nahen Osten. Im Gefolge hunderter(!) Transportflüge aus der Sowjetunion, flogen 'zivil' gekennzeichnete Maschinen aus Sperenberg im Oktober 1973 von Ostdeutschland aus Rüstungsgüter nach Syrien (u.a. NVA MiG-21 nach Halab bei Aleppo) und Ägypten."
    Möglicherweise ist es technisch nicht möglich eine zerlegte MiG-21 plus Personal in einer einzelnen An-12 unterzubringen was die Anzahl von 16 genannten Transportflugzeugen erklären würde. Vermittels unterschiedlicher Dokumente ließe sich aber abschließend klären an welchen konkreten Tagen wieviele Transportflüge stattfanden.
    Gerne mehr Berichte aus dieser Zeit!

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